III. Kirchenmitgliedschaft. 301
in allen Landeskirchen mit wesentlicher Übereinstimmung in demjenigen Sinne
vollzogen, welcher schon ursprünglich beim Eintritt der Kirche unter das
römische Recht die erstmalige Entstehung einer christlichen Eheordnung
geleitet hat. So nämlich, daß die Kirche die vom weltlichen Recht gelassene
Freiheit des Handelns für ihre Mitglieder nach dem Maßstabe christlicher
Sittlichkeit und dem Bedürfnis äußerer Ordnung durch Auflage kirchlicher
Pflichten gewissen Beschränkungen unterwirft.e Nach sämtlichen Trau-
ordnungen ist vor allem die Innehaltung der Eheschließungsvorschriften des
bürgerlichen Rechtes selbst eine kirchliche Pflicht, ohne deren Erfüllung die
Trauung versagt werden muß. An Stelle der Ehehindernisse sind Trauungs-
hindernisse getreten. Die kirchliche Pflicht erfordert daher, von einer Ehe-
schließung abzusehen, welcher ein solches entgegensteht. Die Eheschließungs-
funktion ist aus der Trauung entfallen und diese ihrerseits rein religiöse Er-
gänzung des Eheschließungsaktes geworden. Die kirchliche Pflicht erfordert,
in die eheliche Lebensgemeinschaft vor erfolgter Trauung nicht einzutreten.
Endlich begründet, wie schon erwähnt, die Verletzung der kirchlichen Pflichten
in Beziehung auf Eheschließung eine Voraussetzung für den Eintritt der
Kirchenzucht.
Was zuletzt die Rückwirkung der Staatsangehörigkeit äuf die allgemeinen Einfluß der
Pflichten der Kirchenglieder angeht, so wird sie gemeingültig durch zwei Ver- an ae
fassungsgrundsätze bestimmt. Einerseits ist in der staatsgesetzlich gewähr- der Kirchen-
leisteten Gewissensfreiheit den Kirchengliedern verbürgt, daß durch die zwangs- eiieden,
weise Durchsetzung kirchlicher Pflichten mittels der kanonischen Strafgewalt
oder evangelischen Kirchenzucht ihren bürgerlichen oder staatsbürgerlichen
Rechten kein Abbruch geschieht. Anderseits und umgekehrt kann aber auch
die volle Erfüllung der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten nicht durch
Berufung auf angeblich entgegenstehende kirchliche Verpflichtungen aus-
geschlossen werden. (Preuß. Verf. a. 12.)
3. Die Beendigung der Kirchenmitgliedschaft geschieht durch Tod oder Beendigung
Austritt. ztiedchaft
Das Begräbniswesen ist hinsichtlich des Ortes, der Zeit und der Be-
stattungsweise teils auf der Grundlage privatrechtlicher Eigentumsverhältnisse,
teils aus publizistischen Rücksichten, namentlich den Interessen der polizei-
lichen Ordnung säkularisiert. Innerhalb der durch das staatliche Recht
gezogenen Schranken ist die Freiheit der Kirchen zur selbständigen Aufrichtung
und Handhabung kirchlicher Begräbnisordnungen geschichtlich und positiv
rechtlich anerkannt. Insbesondere bezieht sich diese Freiheit nicht bloß auf
die autonome Ausgestaltung des Begräbniskultus, sondern ebenso auf das
Recht der Versagung des kirchlichen Begräbnisses. Auch hier aber wirkt Yersagung des
die prinzipielle Differenz der Konfessionen entscheidend ein. In der katho- Benräbnises
lischen Kirche ist die Verweigerung des kirchlichen Begräbnisses Strafe,
welche entweder als Selbstfolge von Zensuren (öffentlicher Exkommunikation,
namentlichen Interdikts) oder aus selbständigem Grunde (so bei Selbstmördern,
Duellanten) eintritt. Sie ist wirkliche Strafe von der Voraussetzung aus, daß