344 PAUL LABAND: Staatsrecht.
der Regierung ihres Staates erhalten, abstimmen. Daher können mehrere
einem Staate zustehende Stimmen nur einheitlich abgegeben werden. Wenn
die Regierungen der größeren Staaten sich über eine Maßregel verständigt
haben, ist der Beschluß des Bundesrats nur eine politisch unerhebliche Form
oder betrifft Einzelheiten und Fassungsfragen. Dadurch wird der politische
Einfluß der Mittelstaaten erhöht, derjenige der kleinen Staaten herabgedrückt.
Instruktion Dije Instruktion der Bevollmächtigten ist Sache der Einzelstaaten und gehört
der Be- .
vollmächtigten. zu den Regierungsgeschäften derselben; die Landesregierungen sind ihren
Landtagen dafür verantwortlich. Die Bevollmächtigten sind ihrerseits den
Landesregierungen dafür verantwortlich, daß sie den ihnen erteilten Aufträgen
gemäß abstimmen und ihre anderen Obliegenheiten erfüllen. Den Organen
des Reiches sind sie nicht verantwortlich; sie stehen in keinem Dienstverhältnis
zum Reich. Der Bundesrat hat das Recht und die Pflicht, die Vollmacht (Legi-
timation), aber nicht die Instruktionen seiner Mitglieder zu prüfen. Es ergibt
sich aus diesem Verhältnis der Bundesratsbevollmächtigten zu den Regierungen
der Bundesstaaten, daß diese ihren Anteil an der Staatsgewalt des Reiches und
ihre Mitgliedschaftsrechte durch ihre Stimmen im Bundesrat ausüben. Der
Bundesrats Bundesrat als Gesamtheit aber ist kein Gesandtenkongreß, in welchem der
beschlüsse. . . . . .
Wille jedes einzelnen Staates isoliert und unabhängig zur Geltung kommt,
sondern ein Organ des Reiches und als solches befähigt, einen alle Einzelstaaten
bindenden, aus einer ihnen übergeordneten politischen Macht entstammenden
Willen herzustellen. Ein Bundesratsbeschluß ist kein Gesamtwillensakt der
Einzelstaaten, sondern ein einheitlicher Willensakt des Reiches, wodurch
aber nicht ausgeschlossen wird, daß sich die Bundesstaaten auch hinsicht-
lich solcher Maßregeln, welche zu der ihnen vorbehaltenen eigenen Zu-
ständigkeit gehören, im Bundesrat über ein gleichmäßiges Verhalten ver-
ständigen, z. B. über eine einheitliche Orthographie oder ein übereinstim-
mendes Bahnpolizeireglement usw. Solche Vereinbarungen sind von den Be-
schlüssen, welche der Bundesrat innerhalb seiner verfassungsmäßigen Zuständig-
keit faßt, wohl zu unterscheiden. Die Zuständigkeit des Bundesrats ist eine
sehr mannigfache. Er beschließt über die dem Reichstage zu machenden Vor-
lagen und die von demselben gefaßten Beschlüsse und durch seinen Beschluß
erfolgt die Sanktion der Reichsgesetze. Zum Erlaß von Rechtsverordnungen
ist er nicht ermächtigt, wenn ihm diese Befugnis nicht durch Reichsgesetz
besonders beigelegt wird; dagegen kann er, wie oben bereits erwähnt, die zur
gleichmäßigen Handhabung der Reichsgesetze erforderlichen Dienstvorschriften
(Verwaltungsverordnungen) beschließen. Er beschließt auch über Mängel,
welche bei der Ausführung der Reichsgesetze oder der allgemeinen Verwaltungs-
vorschriften hervortreten, d.h. über deren Beseitigung. Bei den einzelnen
Zweigen der Verwaltung sind dem Bundesrat oder einem Ausschuß desselben
teils durch die Verfassung selbst, teils durch Bestimmungen der Reichsgesetze
Erledigung von sehr zahlreiche und verschiedenartige Funktionen übertragen. Streitigkeiten
Sreitigkeiten Zwischen verschiedenen Bundesstaaten, sofern sie nicht privatrechtlicher Natur
unter den
Bundesstaaten. und daher von den kompetenten Gerichtsbehörden zu entscheiden sind, hat