352 PAUL LABAND:;: Staatsrecht.
Für das Konsulatwesen hat die RV. Art. 4 2.7 und Art. 56 dagegen
den Grundsatz aufgestellt, daß seine Verwaltung ausschließlich dem Reich zuge-
wiesen ist. Die Einzelstaaten dürfen daher im Auslande Konsuln nicht bestellen;
nur innerhalb des Reichsgebietes bestehen noch einige ziemlich bedeutungslose
Konsulate. Dem ausschließlichen Rechte des Reiches entspricht die Pflicht
desselben, überall die Konsulatsvertretungen einzurichten, wo dies durch das
Interesse auch nur eines Bundesstaates geboten ist. Die Amtspflichten der
Konsuln sind durch das Konsulatsgesetz vom 8. November 1867 und durch zahl-
reiche Konsularverträge geregelt.
Ianuee II. Die öffentlichen Verkehrsanstalten. ı. Hinsichtlich der Post
"und Telegraphie hat das Reich für das ganze Reichsgebiet die ausschließ-
liche Befugnis zur Gesetzgebung über die Vorrechte der Post und Telegraphie,
über die rechtlichen Verhältnisse beider Anstalten zum Publikum, über die
Portofreiheiten und das Posttaxwesen, mit Ausnahme der reglementarischen
und Tarifbestimmungen für den internen Verkehr innerhalb Bayerns bzw.
Württembergs.
Dem Reich steht ferner für das ganze Reichsgebiet mit Ausnahme von
Bayern und Württemberg die unmittelbare, Verwaltung der Post und Telegraphie
für Rechnung des Reiches zu. Den Landesregierungen ist jedoch die Anstellung
der für den lokalen und technischen Betrieb bestimmten und der niederen Be-
amten vorbehalten. (RV. Art. 50 Abs. 5.) Dieser Vorbehalt ist aber dadurch
gegenstandslos geworden, daß Preußen und die meisten kleinen Staaten die
gesamte Post- und Telegraphenverwaltung dem Reich übertragen haben,
während in Sachsen, Baden, Mecklenburg und Braunschweig die Anstellung
der Postbeamten durch Vereinbarungen mit dem Reich geregelt ist. Bayern
und Württemberg führen ihre Post- und Telegraphenverwaltung selbständig
und für eigene Rechnung; doch ist zwischen dem Reich und Württemberg eine
Einnahmegemeinschaft mit anteilsmäßiger Verteilung vereinbart worden; daher
dieselben Briefmarken.
Post und Telegraphie sind öffentliche Anstalten, deren Benutzung nie-
mandem verweigert werden darf, der sich den für die Benutzung bestehenden
allgemeinen Vorschriften unterwirft. Den Beamten dieser Verwaltungen ist
die Bewahrung des Brief- und Telegraphengeheimnisses zur Pflicht gemacht;
die Rechtsfolgen einer widerrechtlichen Verletzung dieser Pflicht können be-
stehen teils in Disziplinarbestrafung, teils in der Pflicht zum Schadenersatz,
teils in öffentlichen Strafen. (Strafgesetzb. $ 354. 355.) Dem Postzwang (Mo-
nopol) sind unterworfen verschlossene Briefe und Zeitungen politischen Inhalts,
welche öfter als einmal wöchentlich erscheinen. Das Telegraphenregal, d.h.
die ausschließliche Befugnis, Telegraphenanlagen für die Vermittelung von
Nachrichten zu errichten und zu betreiben, hat durch das Reichsgesetz vom
6. April 1892 seine Rechtsgrundlage erhalten.
Die Organisation und Leitung des Dienstes, soweit sie nicht durch die
Postgesetze normiert ist, ist im Gebiet der Reichspost dem Kaiser, in Bayern