Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

Kosten und 
Lasten. 
Rechte der Kon- 
tingentsherren. 
Rechte der 
Landesherren. 
Friedenspräsenz- 
stärke. 
356 - PAUL LABAND: Staatsrecht. 
Die Kosten und Lasten des gesamten Kriegswesens sind von allen 
Bundesstaaten und ihren Angehörigen gleichmäßig zu tragen, so daß weder 
Bevorzugungen noch Überbürdungen einzelner Staaten oder Klassen grund- 
sätzlich zulässig sind. Dieser Grundsatz findet auch auf Bayern volle und unein- 
geschränkte Anwendung. Der Ersatzbedarf an Mannschaften ist nach Art. 60 
der RV. von den einzelnen Bundesstaaten pro rata der Bevölkerung zu stellen; 
seit dem Reichsgesetz vom 26. Mai 1893 ist dies aber in der Art modifiziert, 
daß jede der vier Kontingentsverwaltungen das in einem ihrer Armeekorps- 
bezirke hervortretende Manko an Rekruten selbst zu decken hat, daß dagegen 
keine auf den im Bezirk einer anderen Kontingentsverwaltung vorhandenen 
Überschuß übergreifen darf. 
Die gesamten Kosten für die bewaffnete Macht (Heer und Marine) werden 
aus der Reichskasse bestritten und durch das Etatsgesetz festgesetzt. Der auf 
Bayern entfallende Teil der Kosten für das Heer wird in einer Gesamtsumme 
festgestellt; die Verwendung derselben ist Bayern überlassen, jedoch sind die 
Ansätze des Reichsetats hierbei zur Richtschnur zu nehmen. 
Die Kontingentsherrlichkeit steht nach der RV. den Landesherren 
und den Senaten der freien Städte zu; infolge der Militärkonventionen gibt es 
aber nur vier Kontingentsherren, nämlich die vier deutschen Könige. Ihnen 
steht die Kommandogewalt über ihre Truppen zu, welche dadurch verwirklicht 
wird, daß sie. die Offiziere ihrer Kontingente ernennen. Die Offiziere stehen 
in einem Dienstverhältnis nur zu demjenigen Kontingentsherren, von welchem 
sie angestellt sind und leisten ihm den Fahneneid, mit der Klausel, dem Kaiser 
gehorsam zu sein. Die Kontingentsherren haben ferner die Militärgerichtsbarkeit; 
nur für die Revisionsinstanz ist das Reichsmilitärgericht errichtet. Auch die 
Disziplinargewalt und das Begnadigungsrecht steht den Kontingentsherren 
hinsichtlich ihrer Truppen zu. Endlich ist auch die Militärverwaltung Kontin- 
gentsverwaltung; es gibt keine Reichsmilitärverwaltung; die vier Kriegsmini- 
sterien sind Landesbehörden; die Militärbeamten Landesbeamte (sog. mittelbare 
Reichsbeamte, ausgenommen in Bayern). 
Den Landesherren, auch denjenigen, welche nicht Kontingentsherren 
sind, stehen gewisse Ehrenrechte zu; sie stehen zu den in ihren Gebieten garni- 
sonierenden oder vorübergehend dorthin kommandierten Truppen in dem Ver- 
hältnis eines kommandierenden Generals, und sie haben dasRecht, diese Truppen 
zu polizeilichen Zwecken zu verwenden resp. zu requirieren. Die Wehrpflicht 
besteht gegenüber dem Landesherrn und die Mannschaften leisten ihm den 
Fahneneid mit der Klausel, ‚‚den Befehlen des Kaisers unbedingte Folge zu 
leisten‘‘. Doch besteht die sog. militärische Freizügigkeit, d. h. die dem Landes- 
herrn gegenüber bestehende Wehrpflicht kann auch durch den Dienst in anderen 
Truppenkörpern oder in der Kriegsmarine erfüllt werden. 
Die Friedenspräsenzstärke des Heeres wird nach Art. 60 der RV 
durch Gesetz festgestellt und zwar erfolgte die Feststellung bis 1895 stets auf 
eine bestimmte Reihe von Jahren (Septenat und Quinquenat). Das Gesetz 
vom 15. April 1905 dagegen bestimmte, daß sie bis zum Ende des Rechnungs-
	        
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