1. Justiz u.Verwaltg. B. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Verwaltungsrechtspflege). 383
ersatz verklagte Beamte die ihm dem Kläger gegenüber obliegende Amtspflicht
verletzt (BGB. $ 839), dieser also Grund zur Klage habe — oder des Straf-
richters, welcher in einem Strafverfahren wegen Widerstandes gegen die Staats-
gewalt (StrGB. $ 113) die maßgebende Präjudizialfrage der rechtmäßigen Aus-
übung des Amtes in einem dem Angeklagten günstigen Sinne entscheidet.
Aber auch der Beschluß des Bundesrates des Deutschen Reiches, welcher über
Mängel befindet, die bei der Ausführung eines Verwaltungsgesetzes des Reiches
durch die einzelstaatlichen Behörden hervorgetreten sind (RV. Art. 7 Nr. 3),
wäre hierher zu zählen, denn auch er übt Gerichtsbarkeit in einer Verwaltungs-
rechtssache.
Es ist jedoch weder in der Wissenschaft noch in der Praxis des Rechts-
lebens gebräuchlich, das Wort Verwaltungsgerichtsbarkeit in einem so ausge-
dehnten Sinne zu verwenden, welcher auch noch die laufende, gegebenenfalls
streitschlichtende Handhabung der Verwaltungsgesetze durch die Verwaltungs-
behörden und die gelegentlichen Streifzüge des ordentlichen Richters in das
ihm gewöhnlich verschlossene Gebiet des Verwaltungsrechts noch mit umfaßt.
Das Wort Verwaltungsgerichtsbarkeit hat vielmehr eine wesentlich engere
Bedeutung angenommen, welche als die allein übliche, technische anzusehen
ist. Verwaltungsgerichtsbarkeit ist danach eine streitentschei-
dende Tätigkeit der Verwaltung, ausgeübt durch besondere,
dem Organismus der Justiz nicht angehörige, aber nach Art
der ordentlichen Gerichte eingerichtete Verwaltungsorgane (Ver-
waltungsgerichte), in einem Verfahren, welches der Prozedur der
ordentlichen Gerichte ähnlich ist (Verwaltungsstreitverfahren).
Trennung der streitentscheidenden von der übrigen Verwaltungstätigkeit, Wesen.
Verselbständigung der ersteren in organisatorischer und prozessualer Hin-
sicht, nicht aber Hinausverlegung dieser Tätigkeit aus dem Verwaltungsorganis-
mus überhaupt und Übertragung derselben an die ordentlichen Gerichte; nicht
Unterstellung der Verwaltung unter die Rechtskontrolle der Justiz, sondern
Schaffung justizähnlicher Rechtsschutzvorrichtungen innerhalb des Rahmens
der Verwaltungsorganisation selbst; besondere Institutionen, besondere Organe,
ein besonderes Verfahren für die besonderen Zwecke des Rechts- und, weiter-
gehend, des reinen Interessenschutzes auf dem Gebiete der Verwaltung, — Ein-
richtungen, welche dem Individualinteresse an der Nichtüberschreitung der
Verwaltungsbefugnisse weit entgegenkommen, ohne doch das Gemeininteresse
an der Erfüllung der Verwaltungspflichten zu schädigen: — darin beruhen
Wesen und Idee der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist von mehreren Rechtsschutzeinrich- Anden nr
tungen auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes eine: die vornehmste, wirk- „us dem Gebiete
samste — nicht die einzige. Dies ergibt sich schon aus der vorhin angedeuteten des Öffentlichen
Stellung der ordentlichen Gerichte gegenüber verwaltungsrechtlichen Präjudizial-
fragen, eine Stellung, welche dem Zivil- und Strafrichter, in Deutschland wenig-
stens, die nämliche Freiheit und Unabhängigkeit des Urteils gewährt, wie er
sie in jeder anderen Rechts- und Tatfrage besitzt und kraft deren er Verwaltungs-