Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

398 GERHARD ANSCHOTZ: Verwaltungsrecht. 
richtshof ist, wie in den anderen Staaten, nur aus Berufsbeamten zusammen- 
gesetzt. 
6. Hessen. Ähnlich sind die Verwaltungsgerichtsbarkeitseinrichtungen des Groß- 
herzogtums Hessen, bestehend aus — in ihrer Formation den preußischen 
Kreis- und Bezirksausschüssen nachgebildeten — Kreisausschüssen und Pro- 
vinzialausschüssen und aus dem Verwaltungsgerichtshof (das Ganze auf der 
Gesetzgebung von 1874 und 1875 beruhend, jetzt neu geregelt durch das Gesetz 
über Verwaltungsrechtspflege vom 8. Juli IgII). 
a autsche Außer in den sechs genannten, den größten Einzelstaaten, gibt es Ver- 
“waltungsgerichte noch in Oldenburg (Gesetz vom 9. Mai 1906), Braun- 
schweig (Gesetz vom 5. März 1895), Anhalt (Gesetz vom 27. März 1888), 
Lippe (Gesetz vom 9. Februar 1898), sowie in allen thüringischen Staaten. 
Was die letztere Staatengruppe betrifft, so hatsich dort zuerst das Herzogtum 
Sachsen-Meiningen eine Verwaltungsgerichtsbarkeit geschaffen: Gesetz vom 
15. März 1897. Die beiden Fürstentümer Reuß, älterer und jüngerer Linie haben 
sich im Jahre 1912 durch Staatsvertrag der Verwaltungsgerichtsorganisation 
des KönigreichsSachsen dergestalt angeschlossen, daß, soweit nachdenreußischen 
Landesgesetzen die Anfechtungsklage gegen Entscheidungen reußischer Be- 
hörden gegeben ist, das sächsische Oberverwaltungsgericht (oben S. 397) über 
diese Klage entscheidet (vgl. Gesetze für Reuß ä. L. vom 25. Juli 1912 und für 
Reuß j. L. vom 17. Juni 1912). Endlich haben die übrigen thüringischen Länder: 
Sachsen-Weimar, Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen-Altenburg 
und die beiden Schwarzburg durch Staatsvertrag vom 15. Dezember I9IO 
ein gemeinsames Verwaltungsgericht mit dem Namen ‚Thüringisches Ober- 
verwaltungsgericht‘‘ und dem Sitz in Jena errichtet (das Herzogtum Gotha 
ist diesem Vertrage erst nachträglich beigetreten, mit der Verpflichtung, seinen 
durch Gesetz vom 14. November 1899 begründeten Verwaltungsgerichtshof 
aufzuheben). Das thüringische Oberverwaltungsgericht, dessen Organisation 
und Verfahren durch den angegebenen Staatsvertrag geregelt ist, entscheidet 
über die nach Maßgabe der einzelnen Landesgesetze (vgl. weimarisches Gesetz 
vom Io. Juli 1912, altenburgisches vom 18. März 1912, schwarzburg-rudol- 
städtisches vom 27. September 1912, schwarzburg-sondershauser vom 3. OK- 
tober 1912) eingelegten Rechtsmittel der Revision und der Anfechtungsklage 
gegen administrative Anordnungen. 
Im Reichslande Elsaß-Lothringen bestehen die Institutionen des fran- 
zösischen contentieux (s. u. S.410), allerdings eher in Rückbildung, als in 
Fortentwickelung ihres Wesens und ihrer Bedeutung, weiter: an die Stelle der 
conseils de prefecture sind die Bezirksräte (bestehend aus dem Bezirkspräsi- 
denten und den ihm beigegebenen höheren Beamten) getreten, über denen als 
Rekursinstanz der Kaiserliche Rat steht. 
Die unmittelbare Schließlich ist noch ein Blick zu werfen auf die eigene und unmittelbare 
erehtabarkait Verwaltungsgerichtsbarkeit des Deutschen Reiches (abgesehen von den 
des Deutschen reichsländischen Einrichtungen). Eine solche besteht, nur ist sie nicht einem 
Reihe. einheitlichen Verwaltungsgerichtshof, sondern mehreren selbständigen Spezial-
	        
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