Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

400 GERHARD ANSCHOTZ: Verwaltungsrecht. 
trifft eine Auswahl von Verwaltungssachen, welche im verwaltungsgerichtlichen 
Wege (im Verwaltungsstreitverfahren) zu erledigen sind, oder welche unter 
bestimmten Voraussetzungen von dem reinen Verwaltungswege auf jenen Weg 
hinübergeleitet werden müssen oder können. Entscheidend hierfür ist, wie für 
die Abgrenzung von Justiz und Verwaltung (von der die Verwaltungsgerichts- 
barkeit doch nur einen Teil bildet) überhaupt, grundsätzlich nicht das Reichs-, 
sondern das Landesgesetz (s. oben S. 378, 379); jedoch mit folgenden reichs- 
rechtlichen Maßgaben und Beschränkungen: I. Fiskalische Streitigkeiten, also 
Streitigkeiten, wo die Verwaltung nicht als Organ der Staatsgewalt, sondern als 
Träger von privatrechtlichen Ansprüchen und Verbindlichkeiten des Staates er- 
scheint, können als solche nicht den Verwaltungsgerichten übertragen werden; 
sie gehören nach deutschen Begriffen in den Kreis der Verwaltungsstreitsachen 
nicht hinein, der Fiskus gibt und nimmt Recht vor den ordentlichen Gerichten 
(Einf.-Ges. z. ZPO. $ 4; vgl. oben 5. 378). 2. Strafsachen (außer Polizei- und 
Finanzstrafsachen) dürfen den Verwaltungsgerichten nicht übertragen werden 
(s. oben S. 379), wohl aber allerdings die Disziplinargerichtsbarkeit über Beamte. 
3. Für eine Reihe öffentlich-rechtlicher Streitfälle ist in denjenigen Staaten, 
welche Verwaltungsgerichte haben (gezwungen, solche einzuführen, ist keiner), 
die Zuständigkeit dieser Gerichte von Reichs wegen obligatorisch; hierher ge- 
hören die Entziehung der Eigenschaft als rechtsfähiger Verein (BGB. 843), die 
Anfechtung des administrativen Einspruchs gegen die Eintragung eines Vereins 
(das $ 62), die Anfechtung der polizeilichen Auflösung von Vereinen und Ver- 
sammlungen (Reichsvereinsgesetz vom 19. April 1908, $$ 2, 15), die sog. Kon- 
fliktsentscheidungen bei Zivil- und Strafprozessen gegen Beamte (Einf.-Ges.z, 
GVG. $ 11). 
Bei der Abgrenzung des Kreises der Verwaltungsstreitsachen kann das 
Gesetz verschieden verfahren. Es wäre denkbar, diese Abgrenzung durch eine 
allgemeine, zusammenfassende Formel zu bewirken, etwa dahin lautend: die Ver- 
waltungsgerichte entscheiden über alle vor sie gebrachten Streitigkeiten des 
öffentlichen Rechtes. Ein Versuch mit einer derartigen Generalklausel (welche 
den Wirkungskreis der Verwaltungsgerichtsbarkeit freilich weit enger begrenzt 
als die vorstehend fingierte) ist in Österreich gemacht worden (s. unten 5.405 ff.); 
in Deutschland nicht. Wenigstens insofern nicht, als keine deutsche Gesetz- 
gebung es unternimmt, die Gesamtzuständigkeit der Verwaltungsgerichte mit 
einer einzigen Generalklausel erschöpfend zu bezeichnen. Wo das System der 
Generalklausel überhaupt angenommen ist (Württemberg, Sachsen; in gewissem 
Sinne kann man auch Preußen und Baden hierherzählen), wird es nicht statt, 
sondern neben dem System namentlicher Aufzählung der Verwaltungs- 
streitsachen (Enumerations- oder Taxationsmethode) angewandt, derart, daß 
der eine Teil des verwaltungsgerichtlichen Wirkungskreises aufzählend, der 
andere durch Zusammenfassung in einer Generalklausel bestimmt wird. So 
zählen die Verwaltungsgerichtsbarkeitsgesetze Württembergs und Sachsens zu- 
nächst eine Reihe von sog. Parteistreitigkeiten des öffentlichen Rechtes (Streitig- 
keiten zwischen Gemeinden und öffentlichen Korporationen und ihren Mit-
	        
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