I. Justiz u.Verwaltg. B. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Verwaltungsrechtspflege). 40I
gliedern oder unter sich oder zwischen Einzelnen untereinander über ihre An-
sprüche und Verbindlichkeiten aus dem öffentlichen Recht), als zur Zuständigkeit
der unteren Verwaltungsgerichte gehörend, namentlich auf, geben aber außer-
dem noch eine Generalklage bei dem Verwaltungsgerichtshof bzw. Oberver-
waltungsgericht (die ‚Rechtsbeschwerde‘‘ des württembergischen, ‚ Anfechtungs-
klage‘‘ des sächsischen Rechtes) in allen Fällen, wo jemand durch eine ungesetz-
liche Verfügung der Verwaltung (Sachsen: der inneren Verwaltung) in seinen
Rechten verletzt oder mit einer ihm nicht obliegenden Verbindlichkeit belastet
zu sein behauptet. Der preußischen und badischen Gesetzgebung ist diese
Unterscheidung zwischen ‚‚Parteistreitigkeiten‘‘ und Rechtsbeschwerden gegen
Akte der Staatsbehörden fremd; in dem einen wie in dem anderen Falle, einerlei
also, ob es sich um Streitigkeiten zwischen ‚Parteien‘ (Privatpersonen, Ge-
meinden usw.) oder um Streitfragen zwischen Individuen und Staat handelt,
ist die verwaltungsgerichtliche Klage nur in den Fällen gegeben, welche das
Gesetz aufzählend bezeichnet. Die sachliche Zuständigkeit der Verwaltungs-
gerichte ist demnach in Preußen und Baden wesentlich nach der Enumerations-
methode bestimmt; sedes materiae für Preußen ist vornehmlich das bereits er-
wähnte Zuständigkeitsgesetz vom I. August 1883: eine sehr weitschichtige,
164 Paragraphen zählende kompetenzrechtliche Novelle zu der gesamten da-
mals (1883) in Kraft stehenden Verwaltungsgesetzgebung. Das ZG. hat nur
transitorische Bedeutung, da es mit dem Fortschreiten der Verwaltungsgesetz-
gebung in dem Maße außer Kraft tritt, als jedes seither und neuerdings erlassene
Verwaltungsgesetz seine Zuständigkeitsfragen selbst regelt. Neben dem ZG.
und den anderen Spezialgesetzen, welche in weit mehr als hundert Einzelfällen
den Weg des Verwaltungsstreitverfahrens eröffnen, stehen nun aber noch andere
Bestimmungen, denen praktisch die Bedeutung weitreichender Generalklause In
innewohnt. Einmal ist durch $$ ı27ff. des LVG. vom 30. Juli 1883 die ver-
waltungsgerichtliche Klage ganz allgemein zugelassen gegen polizeiliche
Verfügungen (der Orts-, Kreis- und Landespolizeibehörden); die Klage kann
darauf gestützt werden, daß die angefochtene Verfügung durch Nichtanwendung
oder unrichtige Anwendung des bestehenden Rechtes den Kläger in seinen
Rechten verletzte (Rechtswidrigkeit), oder darauf, daß die tatsäch lichen
Voraussetzungen nicht vorhanden seien, welche die Polizeibehörde zum Erlasse
der Verfügung berechtigt haben würden (Sachwidrigkeit). Sodann ist durch
das Einkommensteuergesetz vom 24. Juni 1891 und das Ergänzungssteuerges etz
vom 14. Juli 1893 eine Generalbeschwerde gegen die Veranlagung zu den beiden
wichtigsten direkten Staatssteuern, welche diese Gesetze regeln, gegeben. Da-
mit sind in Preußen — und das gleiche gilt in Baden — zwei hervorragend
bedeutsame Staatshoheitsrechte: die polizeiliche Verfügungsgewalt und das
Recht der direkten Besteuerung, der Kontrolle der Verwaltungsgerichte unter-
stellt.
Rein auf der Enumerationsmethode und auch ohne beschränkt wirksame
Generalklauseln aufgebaut sind die Zuständigkeitsabschnitte der bayerischen
und hessischen Verwaltungsgerichtsbarkeitsgesetze.
Kultur der Gegenwart. II. 8. 2. Aufl. 26