Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

IV. Der territoriale Verkehr. ı. Die Verkehrsfreiheit. 489 
interessen, humanitären, wissenschaftlichen oder sonstigen Zwecken gewidmet 
sein, einem Staate oder Privaten gehören, grundsätzlich der Gebietshoheit des 
Aufenthaltsstaats trotz ihrer fremden Nationalität unterstellt. Nur haben sich 
nach dem Vorgange der Franzosen hier weitgehende Konzessionen zugunsten 
des Flaggenstaats Eingang verschafft, auch vertragsmäßige Sicherung erhalten. 
Kennzeichen der Schiffsnationalität ist die Nationalflagge, Unterschei- 
dungszeichen der Kriegsmarine der Wimpel. Gegen Flaggenanmaßung wird 
nur seitens der in ihrem Flaggenrecht verletzten Regierung eingeschritten. 
Privatschiffe legitimieren sich erforderlichenfalls durch die heutzutage überall 
sehr vereinfachten Schiffspapiere oder Flaggenzeugnisse. Jedes Schiff muß 
einen Namen führen und erhält seitens der dem internationalen Signalbuch 
beigetretenen Staaten ein Unterscheidungssignal. In Sicht von Festungswerken, 
auf denen die Nationalflagge weht, desgleichen nach ausgebrochenem Kriege 
in Sicht von Kriegsschiffen der kriegenden Mächte ist jedes Schiff verpflichtet, 
seine Flagge zu zeigen. Daß die von den Seestaaten unter landesrechtlich noch 
immer sehr verschiedenen Bedingungen zu verleihende Schiffsnationalität auch 
gegenseitig anerkannt werde, dafür haben zwar zahlreiche Schiffahrtsverträge 
gesorgt. Fehlt es freilich an solchen, so hat sich ein unbedingtes Recht auf eine 
solche Anerkennung bis jetzt noch keineswegs durchgesetzt. Für den Fall des 
Seekrieges will es nunmehr die Londoner Deklaration vom 26. Februar 1909 
gewährt wissen. Sie setzt fest, A. 5, daß die neutrale oder feindliche Eigen- 
schaft eines Schiffs durch die Flagge bestimmt wird, zu deren Führung es nach 
Maßgabe seines Landesrechts befugt ist. 
IV. Der territoriale Verkehr. 
1. Die Verkehrsfreiheit. Die im völkerrechtlichen Verbande stehenden 
Mächte haben mit der Anerkennung der zwischen ihnen bestehenden Verkehrs- 
gemeinschaft auch das eigene Staatsgebiet dem internationalön Privatverkehr 
zu Lande und zu Wasser eröffnen müssen. Nicht allein wäre Absperrung eines 
Landes vom Weltverkehr, mag sie durch ihn selbst, mag sie durch eine andere 
Macht — in Friedenszeiten — erfolgen, rechtswidrig; würde also jeder be- 
troffenen Regierung die Befugnis zu gewaltsamer Öffnung der verschlossenen 
Grenzen geben. Vielmehr kann auch kein Staat als befugt gelten, den Ausländern, 
lediglich weil sie Fremde sind, den Übertritt auf sein Territorium oder den Auf- 
enthalt in demselben zu verwehren, den Schutz und die Bürgschaften seines 
privaten und öffentlichen Landesrechts, die Teilnahme am Genusse der hier 
bestehenden öffentlichen Einrichtungen zu entziehen. Selbst die Massenaus- 
treibung der Angehörigen eines bestimmten Landes gilt heutzutage nur als 
Repressalie oder als kriegerische Hostilität für statthaft. Ebensowenig aber ist 
ein Seestaat berechtigt, fremde Privatschiffe als solche von dem Gebrauche der 
für Sicherung der Schiffahrt und Landung getroffenen Anstalten anzuschließen, 
oder ihnen den Zutritt zu seinen Häfen, den Einlauf in seine Ströme, die Durch- 
fahrt durch seine meerverbindenden Kanäle zu verbieten. Der Suezkanal ist 
sogar durch den am 29. Oktober 1888 zu Konstantinopel geschlossenen Kollektiv- 
Das Flaggen- 
recht. 
Keine Verkelırs- 
sperre. 
Rechtsschutz der 
Person.
	        
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