Die Verwaltungs
vereine.
492 FERDINAND VON MARTITZ: Völkerrecht.
und Konventionaltarifen beruht. Von ihnen werden, wenn auch erst neuer-
dings mit formeller Selbständigkeit, die Niederlassungsverträge unterschieden,
welche die Freiheit des Personenverkehrs in Beziehung auf Niederlassung,
Aufenthalt und Erwerb von Grundeigentum bezwecken; sodann die Schiff-
fahrtsverträge, für welche die gegenseitige Anerkennung der von den vertragen-
den Teilen verliehenen Schiffsnationalität der wesentliche Punkt ist; die Kon-
sularkonventionen, durch welche die Paziszenten die amtliche Fürsorge für die
wirtschaftlichen Interessen ihrer Angehörigen im fremden Gebiete sich gegen-
seitig ausbedingen; die Zolleinigungen, welche entweder Zollanschlüsse oder
Zollbündnisse sind, endlich die Eisenbahnverträge, auf Herstellung und Betrieb
von Eisenbahnanlagen, welche die beiderseitigen Staatsgebiete in Verbindung
setzen, gerichtet.
Eine neue zukunftsreiche Gestalt ist der völkerrechtlichen Ordnung des
internationalen Privatverkehrs gegeben worden durch die Begründung von
Staatenvereinen (Unionen, Verwaltungsvereinen), die für. bestimmte wirt-
schaftliche Anliegen die innere Verwaltung der beigetretenen Staaten in ge-
meinsamem Interesse weitgehend regulieren und beschränken. Dieselben tragen,
weit sich abhebend einerseits von Staatenbünden, anderseits von bloßen Rezi-
prozitätsverträgen, zwar im allgemeinen Sozietätsnatur. Eine völkerrechtliche
Persönlichkeit kommt ihnen nicht zu. Charakteristisch jedoch ist für sie
zweierlei: einmal die große Zahl der Vertragsgenossen, denen der Zutritt durch
bloße Adhäsion offen gelassen wird und deren Austritt den Fortbestand des
Vereins ebensowenig beeinflußt, wie dies ein ausbrechender Krieg zu tun ver-
mag. Sodann ist ihnen eigentümlich die Einsetzung kollektiver Organe: Kon-
gresse, Verwaltungskonferenzen, Kommissionen, ständige Geschäftsstellen (inter-
nationale Bureaus), auch wohl behördliche Kontrollinstanzen. Solche sind mit
der Erledigung der Vereinsangelegenheiten nach Maßgabe des Grundvertrags
betraut. Oberstes Gesetz ist das Unanimitätsprinzip. Der Aufwand wird durch
Matrikularbeiträge bestritten.
Durch Einrichtungen dieser Art ist es gelungen, große Bezirke der zivili-
sierten Welt für ganze Verkehrszweige zu territorialen Einheiten zu verbinden
und gegenüber dem Vereinsauslande rechtlich abzuschließen. Vorläufer und
Vorbild solcher Bestrebungen ist eine Schöpfung des Wiener Kongresses ge-
wesen, nämlich die Regulierung der Handelsschiffahrt auf gemeinsamen, d.h.
mehrere Länder begrenzenden oder durchfließenden Strömen; waren diese doch
vor der Eisenbahnzeit die wichtigsten internationalen Straßen des Binnen-
verkehrs. Nach den noch heute maßgebenden Festsetzungen der Wiener Kon-
greßakte A. 108—117 sollen die Uferstaaten zu Stromschiffahrtsgemeinschaften
zusammentreten, deren konventionelles Recht an Normativbestimmungen auf
der Basis der Verkehrsfreiheit gebunden worden ist. Einen weiteren Schritt
auf diesem Wege bedeutete der von deutschen, eine völkerrechtliche Welt im
kleinen bildenden Regierungen errichtete Zoll- und Handelsverein vom 22. März
1833. Er gab, wenn auch nur in engerem Kreise, ein bedeutsames Vorbild ab,
wie für eine Vielheit souveräner Staaten, durch Wegräumung gegenseitiger