IV. Der territoriale Verkehr. 3. Das konventionelle Recht. 493
Zollschranken und Erhebung der Zölle an der Auslandsgrenze für gemeinsame
Rechnung, die Freiheit des Handels und Verkehrs im Vereinsinlande herge-
stellt und eine gemeinsame Wirtschaftspolitik organisiert werden kann. In
engerem Rahmen dient einem speziellen wirtschafts- und sozialpolitischen Ziel,
nämlich der Regelung nationaler Gütererzeugung in gemeinsamem_ Inter-
esse der Verbandstaaten, der neueste internationale Verwaltungsverein, be-
gründet durch den Brüsseler Vertrag vom 5. März 1902 mit Zusatzakte vom
28. August 1907, auf ein gemeinsames Zuckerregime gerichtet. Er bezweckt
die Bedingungen für die Konkurrenz zuckererzeugender Länder auf dem Welt-
markt durch Aufhebung der Prämien, durch Strafzölle auf Prämienzucker, Be-
grenzung des Überzolls auszugleichen. Auch für ein weiteres wirtschaftspoliti-
sches Anliegen, die Veröffentlichung der Zolltarife, hat eine gegenwärtig fast
alle Staaten der Welt samt ihren Kolonien umfassende Union, zu Brüssel am
5. Juli 1890 geschlossen, spezialisierende Vorsorge getroffen.
Die großartigste Erscheinung unter den internationalen Staatenvereinen
bilden die weltumspannenden Organisationen des wirtschaftlichen Verkehrs.
Der erste war der allgemeine Telegraphenverein, errichtet durch den Pariser
Vertrag vom 17. Mai 1865, beruhend auf dem Prinzip der Freigebung des Tele-
graphen für den Privatverkehr und gemeinsamer Regelung des internationalen
Dienstbetriebes; ihm ist angegliedert der oben erwähnte Staatenverein für
Funkentelegraphie im Seeverkehr vom 3. November 1906. Muster und norma-
tives Vorbild aller universellen Unionen ist der durch den Vertrag zu Bern
vom 9. Oktober 1874 geschaffene Weltpostverein für den Austausch von Brief-
postgegenständen mit seinem Nebenübereinkommen; das unsterbliche Werk
eines Deutschen, Heinrich Stephan. Er vereinigt heute sämtliche Staaten nebst
Kolonien mit geordneter Postverwaltung zu einem einzigen Postgebiet (gegen-
wärtig etwa 117 Millionen qkm mit 1273 Millionen Bewohnern), für welches
Freiheit des Transits, Einheitlichkeit des Portos, Verzicht auf Portoteilung
Rechtens ist. Das Bestreben, auch die Eisenbahnen zu einem internationalen
Netz zusammenzuschließen, hat für den europäischen Kontinent zweierlei ver-
schiedene Staatenverbände entstehen lassen. Der eine vom 15. Mai 1886, jetzt
18. Mai 1907, bezielt die technische Einheit im Eisenbahnwesen; nächstdem
den zollsicheren Verschluß von Güterwagen. Der andere, nach langen Verhand-
lungen zu Bern am 14. Oktober 1890 zustande gekommen, vereinigt die an einem
internationalen Gütertransport beteiligten Eisenbahnen der Vertragsstaaten
zu einer obligatorischen Transportgemeinschaft mit einheitlichem Frachtrecht.
Er hat mehrere Zusatzvereinbarungen erhalten und bildet den zukunftsreichen
Anfang für die Entwickelung eines Weltverkehrsrechts.
Noch durch eine Reihe weiterer Verwaltungsvereine ist dem Zuge nach
Internationalisierung der wirtschaftlichen Interessen organisatorischer Aus-
druck gegeben worden. Dahin gehört der Staatenverband für Gewichte und
Maße. Geschaffen durch die Pariser Meterkonvention vom 20. Mai 1875 bezweckt
er die Unifikation des metrischen Systems. Vielseitiger wirken die auf den Schutz
von Urheberrechten sich beziehenden Unionen: der Verband für gewerblichen
Die Verkehr;-
organisationen.