V. Der Rechtsschutz im völkerrechtlichen Verbande. ı. Der Privatverkehr. 495
leistung und Bergung in Seenot); sowie für das Recht des Wechsels (Vertrags-
entwurf vom 23. Juli 1912) bereits zu wichtigen Ergebnissen geführt. Und der
große Gedanke, zur Stütze und Gewähr des solchergestalt vereinheitlichten
Rechts auch eine gemeinsame Gerichtsbarkeit zu schaffen, ist in greifbare Nähe
gerückt worden.
Aber auch im Bereiche des öffentlichen Rechtes ist dem Einzelstaat nicht
gestattet, Anstalten und Einrichtungen, die im fremden Lande für Schutz und
Aufrechterhaltung des Rechtszustandes getroffen sind, grundsätzlich zu unter-
binden, zu hemmen, zu eludiern. Es ist die völkerrechtliche Ordnung, die ihn
nötigt, auch in den fremden Gemeinwessn ein strafrechtlich und sicherheits-
polizeilich zu schützendes Objekt zu achten. Und er kommt dieser Verpflich-
tung nach, indem er auch den fremdländischen Begehungsort einer Straftat
landesrechtlich vorsieht. Wie weit diese seine Zuständigkeit geltend gemacht
werden könne und müsse, ohne die ausländische Staatsgewalt zu beeinträchtigen
und ohne die Freiheit des internationalen Privatverkehrs anmaßlich zu be-
schränken, ist das Hauptproblem einer strafrechtlichen Theorie, die unter dem
Namen des internationalen Strafrechts dem internationalen Privatrecht zur
Seite getreten ist.
Internationales
Strafrecht.
2. Die internationale Rechtshilfe. Nicht minder hat die wachsende Internationale
Erkenntnis, daß die territoriale Rechtspflege ein die gesamte Staatenwelt inter-
essierendes Anliegen ist, zu der Ausbildung eines Systems geführt, wonach die
Mitglieder des völkerrechtlichen Verbandes sich gegenseitig Rechtshilfe sowohl
für ihre Straf- als ihre Ziviljustiz, in streitigen und in nicht streitigen Rechts-
sachen, leisten. Die prinzipielle Ablehnung einer solchen würde völkerrechts-
widrig sein. Im einzelnen ist jenes System analogisch der Rechtshilfe gestaltet,
welche die Behörden des Einzelstaates im amtlichen Verkehr sich landesrecht-
lich gewähren. Doch unterscheidet sich die internationale Rechtshilfe von der
nationalen dadurch, daß ihre Organe die Regierungen selbst sind. Sie vollzieht
sich grundsätzlich im diplomatischen Wege. Zahlreiche Staatsverträge haben
ihre Gewährung planmäßig sichergestellt und geordnet. Auf keinem Gebiete
des amtlichen Verkehrs hat sich den Regierungen das Bedürfnis von festen,
ein für allemal geregelten Gegenseitigkeitsverhältnissen so fühlbar gemacht
wie bei diesem. Die a potiori sog. Auslieferungskonventionen übertreffen an
Zahl weitaus alle anderen Vertragsschlüsse des Staatensystems, und auch diese
Materie ist reif für Kodifikation. Wissenschaftlich werden die Probleme, die
sich aus der internationalen Beziehung der landesrechtlichen Gerichtsbarkeiten
ergeben, als das internationale Prozeßrecht zusammengefaßt.
Eine Pflicht auch außerhalb der Bedürfnisse der Rechtspflege die Wohl-
fahrtsinteressen eines fremden Staates zu fördern, also seinen Verwaltungs-
einrichtungen Schutz zu gewähren und deren Durchführung mit landesrecht-
lichen Zwangsmitteln zu sichern, ist dem überkommenen Völkerrechte fremd.
Nur durch Verträge kann hier gesorgt werden, wie denn solche Abreden von
Grenzstaaten zur Regulierung freundnachbarlichen Verkehrs über die aller-
Rechtshilfe.
Internationales
Verwaltungs-
recht.