SIo FERDINAND VON MARTITZ: Völkerrecht.
heiten die Gerichtsbarkeit in streitigen und nicht streitigen Sachen, sowie die
Polizeigewalt über die Nationalen und Schutzgenossen ihres Jurisdiktions-
bezirks, welche also insoweit gegenüber den Landesbehörden als exterritorial
gelten. Diese haben sowohl in Zivil- als auch in Kriminalsachen den Gerichts-
stand vor ihrem Konsul. Jedoch in gemischten Prozessen, nämlich in solchen,
wobei Einheimische, sei es als Kläger, sei es als Beklagte, sei es als Verletzte
beteiligt sind, ist den Konsulatsbehörden mehrfach nur eine im einzelnen näher
geregelte Mitwirkung bei der von Landesgerichten zu übenden Rechtspflege
eröffnet worden: so von jeher in der Türkei. Der Rechtszustand in den ver-
schiedenen Rechtsgebieten konsularer Jurisdiktion ist sehr disparat. Gerichts-
verfassung, Verfahren, Instanzenzug richten sich nach den jeweiligen Gesetzen
eines jeden Jurisdiktionsstaats, für welche das französische Gesetz vom 28. Mai
1836 vorbildlich gewesen ist. Die buntscheckige Vielheit fremder Gerichtsbar-
keiten innerhalb der nämlichen Bezirke bildet die Ursache oft beklagter Miß-
stände. Deren Hebung kann bei der Unmöglichkeit, die mühsam erlangte
Schutzwehr von Rechtsgütern christlich-europäischer Zivilisation gegenüber
den stets von Ausbrüchen eines religiösen und fremdenfeindlichen Fanatismus
bedrohten Bevölkerungen preiszugeben, nur in beschränktem Umfange in
Aussicht genommen werden. Doch pflegt die Übernahme jener Gebiete in
Protektorat oder gar eigene Verwaltung zivilisierter Staaten das Aufhören der
Fremdengerichtsbarkeit zur Folge zu haben.
Die gemischten Immerhin ist ein erfolgreicher Versuch, die Konsularjurisdiktion zu be-
Gerichte in . .. . . . ... .
Agypten. Schränken, für Agypten von den Kapitulationsmächten in gegenseitigem Ein-
verständnis gemacht worden. Es haben nämlich fünfzehn Staaten vertrags-
mäßig durch Adhäsion zu dem ägyptischen Röglement d’une organisation pour
les proces mixtes vom 16. September 1875, mit den Novellen vom 26. März 1900,
einer Einschränkung ihrer dortigen Konsularjurisdiktion auf Zeit zugestimmt.
Ein Teil derselben ist danach den vizeköniglich ägyptischen gemischten Landes-
gerichten übertragen worden, bei deren Besetzung sie konkurrieren. Deren
Zivilgerichtsbarkeit erstreckt sich auf bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, Zivil-
und Handelssachen, zwischen Eingeborenen und Ausländern und zwischen
Ausländern verschiedener Nationalität, sowie über Grundstücke auch zwischen
Ausländern derselben Nationalität. Ihre Strafgerichtsbarkeit umfaßt die Über-
tretungen, die Konkursdelikte, endlich Verbrechen und Vergehen gegen Be-
amte der Gerichtshöfe, oder von ihnen im Amte begangen. Das Recht wird
gesprochen nach den gleichzeitig eingeführten besonderen ägyptischen Gesetz-
büchern, den sog. Codes mixtes.
Die Kongreß- 3. Konferenzen und Kongresse. Zu gleichzeitiger fortgesetzter Ver-
a handlung einer Vielheit von Staaten über gemeinsame Interessen, insbesondere
zur Hebung oder Vorbeugung kriegerischer Konflikte, wenn der diplomatische
Weg nicht ausreicht, nächstdem zur Fortbildung des internationalen Rechtes
und Verabredung völkerrechtlicher Einrichtungen dienen die seit dem 17. Jahr-
hundert in Gang gekommenen, gleichsam als Organe des völkerrechtlichen Ver-