Die $®ebeute.
522 FERDINAND VON MARTITZ: Völkerrecht.
des Kriegsbeuterechts, d.h. der Befungis zur Aneignung der von den über-
wundenen Kombattanten persönlich mitgeführten Gegenstände, noch nicht
verstanden haben. Sie beschränken sich darauf, eigenmächtiges Beutemachen
unter Strafe zu stellen. Doch wird die gemachte Kriegsbeute lediglich der
Staatsgewalt, nicht dem einzelnen Beuterer erworben. An Kriegsgefangenen
wird, abgesehen von Waffen, Pferden, militärischen Papieren, keine Beute ge-
macht, LKO. A.4al. 3. | |
V. Weitergehend aber wird im Seekriege auch das schwimmende Eigen-
tum feindlicher Privatpersonen dem Seebeuterecht unterworfen, und ‘von der
Kriegsbeute wird die Seebeute unterschieden. Nur Fischereifahrzeuge, wenn
sie nicht der Großfischerei dienen, Kartellboote, Lotsenboote, für wissenschaft-
liche Zwecke bestimmte, in Seenot befindliche Schiffe pflegen nach dem über-
kommenen Völkergebrauch als exemt behandelt zu werden. Im übrigen unter-
liegt jedes feindliche oder als feindlich zu behandelnde Handelsschiff samt
seiner feindlichen Ladung, überall wo es betroffen wird — nur nicht im neutralen
Wasser — der Aneignung durch ein Kriegsschiff (oder Kaperschiff) der Gegen-
partei. Schiff und Ladung sind Prise. Mittel der Aneignung ist die Beschlag-
nahme (saisie) nach vorheriger Anhaltung (arr&t) und eventueller Durchsuchung
(visite). Widerstand dagegen wird mit Gewalt zurückgewiesen. Eine Versen-
kung des genommenen Schiffes ist nur durch Gründe militärischer Notwendig-
keit gerechtfertigt; ob sie vorliegen, bestimmt der Kaptor nach freiem Er-
messen, spezielle Voraussetzungen, wie bei neutralen Prisen, bestehen nicht.
Die Prise erfolgt im Namen des Nehmestaats, in dessen Hafen das genommene
Schiff aufzubringen ist und dessen Regierung die Verantwortung für die Kaptur
trifft. Sie hat zu diesem Zweck deren Rechtmäßigkeit durch Entscheidung ihrer
eigenen Prisengerichte rechtskräftig festzustellen, HC. XII A.ı. 2. Vorge-
gefundenes neutrales Frachtgut, sofern es nicht Kriegskonterbande bildet, ist
herauszugeben, Pariser Seerechtsdeklaration vom 16. April1856 Regel III. Nur
muß der neutrale Charakter desselben von dem Interessenten nachgewiesen
werden. Es wird präsumiert, daß die Ware feindlich sei, LD. A. 59; die alte
harte, von der Londoner Seerechtsdeklaration vom 26. Februar 1909 neu be-
kräftigte Regell Ob nun aber die Ware feindlich oder neutral sei, richtet sich
nach der feindlichen oder neutralen Eigenschaft (caractere) ihres Eigentümers,
LD. A. 58. Die große Frage freilich, nach welchen Kriterien sich diese Eigen-
schaft bestimmt, ob Staatsangehörigkeit (bei ausländischen Domizil) oder
Domizil (bei fremder Staatsangehörigkeit) das entscheidende Moment sei, ist in
den eingehenden Verhandlungen, die 1909 in London stattfanden, nicht zum
Austrage gebracht worden. Völkerrechtlich bleibt es bei der Befugnis des Kap-
-torstaates, sie nach eigener Rechtsanschauung zu entscheiden. Nur soviel steht
fest, daß ein Eigentumswechsel, der erst im Laufe der Beförderung stattfindet,
grundsätzlich nicht anerkannt wird LD A. 60. Erst mit der Kondemnierung
wird die Aneignung perfekt. Bis dahin darf völkerrechtlich der Staat, dem
das Schiff zugehörig ist, seine Angehörigen als dessen Eigentümer behandeln.
Tut er dies landesrechtlich, so wird es im Falle der Reprise gegen Bergelohn