Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

D. Das positive Recht. IV. Jurisprudenz als Wissenschaft. 35 
Voraussetzung einer konkreten Rechtsordnung von begrenzter Bedeutung einen 
Sinn hat. Darum können die Grundaufgaben des Rechtes überhaupt auch 
nicht auf dem Wege der Rechtsvergleichung gefunden werden. Denn diese 
bringt unvermeidlich bedingten rechtlichen Stoff zur Darstellung. Sie ver- 
gleicht die Antworten, die verschiedene Rechte auf die gleiche Frage 
geben, setzt aber das Bestehen der letzteren schon voraus. Sie vermag also 
ebensowohl bei der Beantwortung bedingter Einzelfragen, wie bei der von 
Grundaufgaben des Rechtes einzusetzen; dagegen ist aus ihr nicht zu entnehmen, 
welches nun die zuletzt genannten Probleme eigentlich seien. 
‚Da diese nun nichts als den Gedanken des Rechtes überhaupt voraus- 
setzen dürfen, so können sie auch nur in Anlehnung an die reinen Grundbegriffe 
des Rechtes klargestellt und als wahrhaft allgemeingültige Aufgabe eines 
jeden Rechtes begründet werden. Wir erhalten danach diese Grundaufgaben: 
I. die Frage nach der Rechtsfähigkeit und nach den Rechtsgütern, also 
nach den Voraussetzungen der Persönlichkeit und nach den bedingten Zwecken, 
die ein Recht als seine Mittel aufnimmt. 2. Die Regelung der rechtlich be- 
deutsamen Handlungen; dabei stellt sich als notwendige Aufgabe heraus, 
Bestimmungen über die Zurechnungsfähigkeit, das ist der Vergleichungs- 
und Richtungsmöglichkeit, zu treffen. 3. Die Bestimmung über das letzte 
Wort im Rechte, sowohl auf der Seite des verbindenden Wollens (Souveräni- 
tät), als der Verbundenen (Eigentum). 4. Die Festsetzung des Rechtsschutzes 
und der Berichtigung im Falle eines Rechtsbruches (gleichviel ob durch ‚Strafe‘, 
— die kein Begriff a Priors ist — oder in anderer Weise). 
Hiernach läßt sich das Problem einer grundlegenden Methodik des 
Rechtes auflösen. 
„Juristisch denken‘ heißt: einen Willensinhalt als ein rechtliches 
Wollen erkennen. Es wird hierbei besonderes menschliches Streben in seiner 
Bestimmtheit nach dem Rechtsbegriffe erwogen. Das geschieht mit Hilfe 
der reinen Grundbegriffe des Rechtes. Die besondere juristische Begriffsbildung 
ist dabei nur die Klarstellung der in einer rechtlichen Vorstellung immer schon 
vollzogenen Synthesis. 
Es ist also zwischen reinen und zwischen allgemeinen Rechtsbegriffen 
zu unterscheiden. Die letzteren haben zwar notwendig die Eigenschaft der 
Allgemeinheit gegenüber besonderen Begriffen, die durch sie bedingt sind; 
keineswegs aber ist jeder allgemeine Begriff, der andere als besondere unter 
sich hat, ein reiner Begriff. Es gibt auch relativ allgemeine Rechtsbegriftfe. 
Sie tragen bedingten Stoff in sich, der wechselnd und endlich ist; sie sind anderes 
und mehr als bloße Arten des Ordnens, sie drücken schon ein begrenz- 
tes menschliches Streben aus, das als eine empfindbare Erscheinung mög- 
lich ist. Reine Begriffe dagegen sind bleibende Methoden, die für die Mög- 
lichkeit der Vereinheitlichung überhaupt unentbehrlich sind; es sind 
die Gedankengänge, die sich notwendig herausstellen, sobald man nichts als 
die Möglichkeit der Vereinheitlichung unserer Erlebnisse überlegt und diese 
Möglichkeit als solche kritisch einsieht. In diesem Sinne sind die Begriffe der 
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Methodik 
des Rechtes. 
Reine und 
allgemeine 
Rechtsbegrifie.
	        
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