Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

VIII. Der Krieg und sein Recht. 7. Der neutrale Seeverkehr im geltenden Recht. 541 
aus mehreren Fahrten sich zusammensetzende Reise des Schiffes, mit Rück- 
sicht darauf, daß der Transport, obwohl ostensibel für einen neutralen Hafen 
konsigniert, doch seinem Endziel nach für den Feind bestimmt ist, vom Gegner 
als einheitlich (continuous voyage) behandelt werden darf. Die Betretung des 
neutralen Schiffes mit Konterbande hat die Einziehung der unter das Verbot 
fallenden Ladung zur Folge. 
In diesen Umrissen bildet die Repression des Konterbandhandels ein 
wesentliches Stück des übernommenen maritimen Neutralitätsrechts, freilich 
aber zugleich eine seiner meist umstrittenen Materien. Denn für die Haupt- 
frage, wie weit darf der Kriegführende nach gemeinem Völkerrecht in der 
Qualifizierung neutraler Frachtgüter als Konterbande gehn, wie weit sind die 
Neutralen geschützt, hat sich ein anerkanntes Gewohnheitsrecht seit den 
Stürmen, die vor hundert Jahren über den Rechtszustand hingebraust sind, 
noch nicht gebildet. Die Verordnungen, die Belligerenten bei Ausbruch eines 
Seekrieges behufs Einschreitens gegen Konterbandieren zu erlassen pflegen, 
oder die Bestimmungen ihrer Gesetzbücher (Preußisches ALR II 8 $ 2034); 
die vertragsmäßigen Abreden, wodurch sich einzelne Staaten gegenseitig zu- 
sagen, gewisse Waren vorkommenden Falles nicht als Konterbande behandeln 
zu wollen; die Proklamationen, durch welche neutrale Regierungen ihren An- 
gehörigen die Rechtsfolgen dieser Neutralitätswidrigkeit warnend einschärfen; 
alles das kann an sich noch nicht als Ausdruck dessen gelten, was überhaupt 
Rechtens ist im Seekriege. Die Wissenschaft ist seit den Tagen von H. Groot 
bemüht, allgemeine Rechtsgrundsätze für die unerläßliche begriffsmäßige Ein- 
grenzung des Konterbandeverbots zu ermitteln. Aber zu allgemein anerkannten 
Ergebnissen hat sie es nicht gebracht. 
Immerhin sind die bereits von H. Groot bei Behandlung der Frage (de 
jure b. ac p. Ill ı nr. V) gebildeten, aus dem Naturrecht abgeleiteten Distink- 
tionen von großem Einfluß auf die kriegsrechtliche Praxis der Einzelstaaten 
gewesen. Er wollte unterschieden wissen: ‚res quae in bello tantum usum 
habent, res anticipitis usus, quae et in bello et extra bellum usum habent“ 
und stellte beiden Kategorien gegenüber ‚‚res quae in bello nullum usum 
habent‘‘, die darum frei passieren müssen. Die an sich einleuchtenden Uhnter- 
scheidungen sind freilich ganz abstrakter Natur und für die ihnen zu geben- 
den Rechtsfolgen geben sie keinen bestimmten Anhalt. Immerhin haben 
neuerdings seemächtige Nationen, in dem Bestreben, prinzipielle Gesichts- 
punkte für ihre Handhabung des Konterbandverbots zu gewinnen, an sie an- 
geknüpft; und die von den Engländern geprägten Begriffe: absolute und be- 
dingte Konterbande (Th. E. Holland, Manual of naval prize law 1888 nr. 61fl.) 
sind auch von andern Nationen angenommen worden und haben in der Lon- 
doner Seekriegsrechtsdeklaration von 1909 allgemeine Anerkennung gefunden. 
Es ist nämlich niemals bezweifelt worden, daß unter allen Umständen 
als. Kriegskonterbande diejenigen Güter in Betracht kommen, die für den 
Kriegsgebrauch ohne weiteres verwendbar sind, also Waffen nebst Munition, 
Ausrüstungsgegenstände für Landheer und Marine, Materialien und Maschinen 
Absolute, 
bedingte Kriegs- 
konterbande.
	        
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