544 FERDINAND VON MARTITZ: Völkerrecht.
Listen hinaus einzelne Artikel von sich aus mit Konterbandequalität durch
förmliche, rechtzeitige, diplomatisch zu notifizierende Erklärung zu belegen,
A. 23. 25. Nur freilich dürfen diese Erklärungen niemals das den beiden Listen
zugrunde liegende Rechtsprinzip verletzen, also nicht Gegenstände bloß be-
dingter Konterbande als absolute qualifizieren, z. B. Lebensmittel und Fourage,
Feuerungs- und Eisenbahnmaterial, Luftfahrzeuge, Geld, A. 24. Ja, um den
Neutralen noch weitere Sicherung zu gewähren, hat man in einer Freiliste
solche Frachtgüter aufgezählt, deren Transport unter keinen Umständen als
neutralitätswidrig erklärt werden darf: darunter Rohbaumwolle und für die
Landwirtschaft „verwendbare‘ Nitrate und Phosphate, A. 28. Jedes Hinüber-
greifen über die international festgestellte Grenze invalidiert die Prise und
macht die nehmende Kriegsmacht den Beteiligten gegenüber ersatzpflichtig,
HC XIIA. 7 al.ı. A.8al.2.3. LD A. 64. 41.
Die im Einzelfalle als Konterbande festgestellten Gegenstände werden
eingezogen, A. 39. Die sonstige Ladung wird herausgegeben; mit Ausnahme
derjenigen Güter, die dem Eigentümer der Konterbande gehören — eine doch
wohl recht anstößige, dem englischen Recht gemachte Konzession. Das auf-
gebrachte Schiff bleibt frei; es müßte denn sein, daß die Konterbande mehr
als die Hälfte der Ladung ausmachte, A. 40. Aber auch in diesem Falle bildet
das Wissen oder das schuldhafte Nichtwissen des Kapitäns, Reeders, Charterers
von dem verfänglichen Charakter oder Bestimmungshafen der Ladung kein
Konterbandrequisit. Ihre bona fides schützt sie nicht. Aus praktischen Grün-
den, um der Schwierigkeit tatsächlicher Feststellung willen, hat die Londoner
Konferenz nach eingehenden Verhandlungen von jeder Berücksichtigung des
subjektiven Moments bei Repression des Konderbandierens Abstand genommen.
Es genügt die Tatsache, daß das Schiff in solchem Maße mit Konterbande
befrachtet ist. Dann hat es sich selber zur Konterbande gemacht. Die neu-
trale Schiffahrt ist gewarnt. |
Zum Abschluß kommt das solchergestalt vertragsmäßig internationali-
sierte Konterbanderecht durch das Beweissystem, das die Londoner Konferenz
in unlösliche Verbindung mit ihm gebracht hat. Es ist bestimmt, den verein-
barten Sätzen die praktische Durchführung zu sichern, den neutralen Flaggen
den bisherigen prekären Rechtsschutz zu befestigen, zu erweitern und zu ver-
bürgen. Gegenüber dem, was in der prisengerichtlichen Praxis der einzelnen
Mächte zurzeit üblich ist, zeigen die neuen, freilich zunächst nur für Konter-
bandestreitsachen geltenden Beweisregeln ein sehr verändertes, zukunftsreiches
Bild. Nicht der neutrale Reklamant hat, wenn er die Freigabe betreibt, vor dem
Prisengericht des Kaptors die Unverfänglichkeit des Transportes glaubhaft zu
machen. Vielmehr ist es die nehmende Kriegsmacht, welche die Beweislast für das
Vorliegen absoluter oder. relativer Konterbande trifft, LD A. 30. 33. Für die
Destination von Ladung oder Schiff geben die Schiffspapiere, wenn sie einwand-
frei sind, vollen Beweis, sei es zuungunsten, sei es zugunsten des Interessenten
es sei denn, daß das Schiff von seinem Kurse ohne erkennbaren Grund ab-
gewichen wäre, LD A. 31. 32. 35 al.2. Allerdings im Falle der relativen Konter-