38 RUDOLF STAMMLER: Wesen des Rechtes und der Rechtswissenschaft.
keit‘‘ mit Vorliebe im Sinne erkannter Kausalität nehmen möchte. Aber
dieses ist doch nur eine besondere Richtung in den Aufgaben des objekti-
vierenden Bewußtseins, während der sachliche Gedanke, dem das Wort ‚Gesetz-
mäßigkeit‘‘ den zutreffenden Ausdruck verleihen soll und auch sehr gut ver-
liehen hat und verleiht, der einer allgemein gültigen Art des Erkennens
und des Wollens ist. Danach bedeutet Gesetzmäßigkeit der Zwecke
eine einheitliche und letzte und unbedingt mögliche Methode, den Inhalt
von menschlichem Wollen in Gedanken zu richten und zu leiten. Da
dieses formale Verfahren schlechterdings für alle denkbaren mensch-
lichen Zwecke anwendbar sein soll, so taugt zu einem solchen unbedingten
Richtmaße kein begrenztes Ziel als solches. Es kann nur in der Idee einer
solchen Art und Weise des Wollens bestehen, daß sie von der Besonderheit der
gerade vorliegenden subjektiven Lage befreit vorgestellt wird. Es wird ein
gesetzmäßig begründeter Zweck danach dann vorliegen, wenn er nicht nur
als Ziel eines begrenzten persönlichen Begehrens begreiflich erscheint, son-
dern auch in Abstraktion von der Sonderart dieses Subjektes allgemeingültig
für jeden in solcher Lage gedachten Menschen begründet besteht. So ist die
Idee des inhaltlich freien Wollens die Gesetzmäßigkeit der Zwecke. —
Kein wirklich gegebener Willensinhalt kann dieser Idee jemals völlig ent-
sprechen. Es gibt immer nur stofflich bedingtes Wollen. Aber es ist doch
ein Unterschied, ob es in seiner Bedingtheit erstirbt und von dem Wollenden
nur als bedingtes behauptet werden kann, oder ob es als objektiv ge-
rechtfertigter Zweck aufzutreten vermag. In dieser letzten Absicht bildet
jener formale Gedanke des inhaltlich freien Wollens die Richtlinie für ein me-
thodisch gesichertes, kritisches Urteil über empirisch bedingtes Wollen, —
nach einem vordem schon gebrauchten Bilde: den Stern, zu dem man aufblickt,
nicht um ihn zu erreichen und dort zu landen, aber doch, um sein Schifflein
nach ihm zu richten zu rechter guter Fahrt.
Dieser leitende Gedanke einer gesetzmäßigen Art und Weise des
Absolut gültig Richtens ist absolut gültig, — das, was nach ihm konkret gerichtet wird,
“ ht “ kann höchstens objektiv richtig sein. Es hat diese Eigenschaft, wenn es
nach dem unbedingt geltenden Grundgedanken in dieser besonderen Lage
geleitet ist, soviel wir nur sehen können. Aber es kann niemals ganz mit
ihm zusammenfallen und volle Deckung finden, eben weil es von bedingtem
Stoff ist; und es ist veränderlich und verbesserbar. Es ist keine ewige
Wahrheit, aber es will auch keineswegs bloß subjektive Bedeutung haben,
sondern gegenständlich gerechtfertigt sein. Sonach darf man beim mensch-
lichen Wollen, also auch bei dem Rechte, nicht bloß zwei Möglichkeiten
unterscheiden: absolut gültigen Rechtsinhalt und geschichtlich be-
dingten, sondern es ist dreifach zu trennen: einmal die absolut gültige
formale Methode und sodann innerhalb des geschichtlich bedingten
Rechtsinhaltes denjenigen, der nach jener Methode eingesehen und konkret
bearbeitet ist und darum objektiv richtig heißen kann, und den, welchem
diese Eigenschaft fehlt (vgl. auch A. ı a. E.).