Full text: Die Kultur der Gegenwart. Band 2.8. Systematische Rechtswissenschaft. (8)

E. Die Idee des Rechtes. III. Richtiges Recht. 43 
möglich geleugnet worden ist — unvermeidlich gegeben. Die Lösung kann 
nur in der methodischen Einheit liegen, in der sich alles Recht zusammen- 
findet, von der ein jedes rechtliche Wollen bei folgerichtigem Ausdenken not- 
wendig begleitet wird, — einer dem Rechtsgedanken selbst immanenten 
formalen Art und Weise, die auf jedes nur denkbare Recht richtend und an- 
zuwenden möglich ist. 
Nun gibt es nur einen einzigen Gedanken, der in unbedingter Grundsätz- 
lichkeit für alles Recht besteht — das ist der Gedanke der menschlichen 
Gemeinschaft. Zu ihm gelangt man, wenn man auf das Recht als ver- 
bindendes Wollen das Grundgesetz der Zwecke, die Idee der Willensreinheit 
anwendet. Das Recht bedeutet nun die formale Art, nach der die Menschen 
ihren Kampf um das Dasein gemeinschaftlich führen sollen; und es ist 
keine rechtliche Einrichtung, die nicht von diesem Gedanken begleitet werden 
könnte. Auf der anderen Seite ist dieses der einzige Grundgedanke, der un- 
bedingt alles denkbare rechtliche Wollen zu leiten vermag. Alles andere in 
diesem ist bedingt und wechselnd. Wohl mögen gewisse Aufgaben mit dem 
Bestande des Rechtes als Fragen allgemein gegeben sein, aber als Richtlinie 
der inhaltlichen Antwort auf jene Grundprobleme verbleibt nur der Gemein- 
schaftsgedanke. 
Und es soll eine Gemeinschaft von Menschen sein, die in rechtlicher Rege- 
lung bestimmt wird, von Wesen also, denen die Fähigkeit zum richtigen Wollen 
eignet. Für sie hat das soziale Wollen bestimmend einzusetzen, so daß es 
gemeinsame Zwecke sind, deren grundsätzliche Richtigkeit nun einzusehen 
ist. Man darf also wieder nicht meinen, daß man erst das gute Wollen jedes 
einzelnen Rechtsgenossen vor sich hätte, und diese vielen guten Zwecke nun 
zusammenzutragen und quantitativ aufzubauen wären. Vielmehr ist das so- 
ziale Wollen, als verbindende Zwecksetzung ein besonders geartetes 
Wollen, und es erwächst dafür in dem Gemeinschaftsgedanken der Menschen 
eine grundsätzlich zu befolgende einheitliche Methode, als besondere Betätigung 
des Grundgesetzes der menschlichen Zwecke überhaupt (vgl. E. ı). 
Wir fassen diese abstrakte Gedankenreihe in der Formel einer Gemein- 
schaft frei wollender Menschen. Sie ist eine Definition des Grundge- 
dankens, der als kritische Richtlinie alles rechtliche Wollen begleitet, sofern 
folgerichtig ausgedacht wird. In dem Anknüpfen an die rechte Zwecksetzung 
des Menschen überhaupt leitet sie — ohne Zuhilfenahme einer dogmatischen 
Metaphysik — zu dem Ganzen einer einheitlichen Weltauffassung über; ihre 
Bedeutung innerhalb der spezifisch rechtlichen Betrachtung haben wir zu- 
nächst noch mit einigen Strichen hervorzuheben. 
Dabei kommt alles darauf an, daß man sich darüber verständige, was ein 
jeder wissen will. Wen es gerade interessiert, die treibenden Kräfte für die 
Rechtsentwicklung bestimmter Kulturepochen zu erforschen, dem sagt der 
Hinweis auf den Gedanken der Gemeinschaft von Zwecken noch gar nichts. 
Wer ausschließlich den besonderen Inhalt eines Rechtes nach dessen gegebener 
technischer Formulierung erklären und konstruieren will, die wirklichen 
Der Gemein- 
schaftsgedanke. 
Die Gemein- 
schaft frei 
wollender 
Menschen,
	        
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