Full text: Deutschland und der Weltkrieg.

  
  
Die deutsche Kolonialpolitik 153 
  
Kolonisation „à la manière forte“ huldigt, wie sehr sie sich mit Ent- 
schiedenheit allen entgegengesetzten Wünschen widersetzt, davon gibt 
jedes Kapitel dieser Schrift beredtes Zeugnis. Aber auch die allgemeine 
koloniale Wirtschaftspolitik Deutschlands hat sich, obwohl es auch auf 
diesem Gebiete nicht an Wünschen und Interessenten fehlte, in keiner 
Weise einer Kolonisation „à la manière forte“ bedient. Diese Mittel der 
starken Gand sind dem Rüstzeng des alten Merkantilismus entnom- 
men, der in neuester Zeit unter dem Aamen „Neo-Merkantilismus“ 
wieder in die Erscheinung getreten ist. Sie sind darauf gerichtet, die 
Kolonien lediglich unter dem Gesichtspunkt des finanziellen Autzens 
für das Mutterland, unter Hintansetzung des eigenen Wohls der Kolo- 
nien auszubeuten und andere Länder von gewinnbringenden Unter- 
nehmungen in den Kolonien abzuhalten und möglichst auszuschließen. 
Eine solche Politik steuert auf die rücksichtsloseste Ausbeutung der Aa- 
turschätze und der Volkskraft der Eingeborenen, mit Monopolen, Han- 
delssperren, Differenzialzöllen gegen fremde Länder und mit Prämien 
für die Betätigung des Mutterlandes. Werden heute diese Mittel auch 
nicht mehr in so brutaler Weise angewendet wie zur Blütezeit des 
Merkantilismus, so hat doch die neomerkantilistische Richtung in der 
Weltwirtschaftspolitik mit diesen Mitteln der Kolonisation à la manière 
forte zu rechnen wieder angefangen. Die deutsche koloniale Wirtschafts- 
politik hat diese Wendung nicht mitgemacht, trotzdem nahezu alle Kolo- 
nialstaaten die Tendenz zeigen, ihre Wirtschaftspolitik unter diesen Ge- 
sichtspunkten neu zu orientieren. Die deutsche koloniale Wirtschafts- 
politik hat durchweg an den Grundsätzen des freien Handels und der 
offenen Tür, des internationalen Wettbewerbs auf gleichem Fuße und 
der Gewerbe= und AMiederlassungsfreiheit in den Schutzgebieten fest- 
gehalten. Auch Monopole und die wirtschaftliche Entwicklung hem- 
mende Konzessionen hat die deutsche Kolonialverwaltung in neuerer 
Zeit nicht erteilt, vielmehr vorhandene zu beseitigen und abzulösen 
versucht. 
Deutschland ist neben Holland der einzige Kolonialstaat, der weder 
im Zollwesen der Kolonien noch in dem des Mutterlandes eine Be- 
vorzugung des eigenen Handels ceingeführt hat. Frankreich hat Al- 
gier und einen Teil seiner Kolonien zollpolitisch assimiliert. Es betrach- 
tet sie im wesentlichen als Zollinland, was für den französischen Handel 
einen Vorteil bedeutet gegenüber anderen Nationen, die mit diesen 
Kolonien Handel treiben. In den übrigen französischen Kolonien fin- 
den wir Zollbegünstigungen des Mutterlandes bzw. der Kolonien im 
Mutterlande, die bis zu 58 % der Normalzölle gehen. Auch in Tunis
	        
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