Full text: Deutschland und der Weltkrieg.

  
192 UN— Gustav v. Schmoller 
  
gestellten Ausländer klagen, antwortet der Kurfürst, es fehle ihnen ja 
ganz die nötige Bildung, und sein Minister, der böhmische Graf Schlick, 
fügte bei, außer ein bis zwei Personen habe der Kurfürst unter dem 
brandenburgischen Adel keine getreuen Männer. 
Im 17. Jahrhundert treten neben und über die einheimischen bran- 
denburgischen Beamten der hochstehende reformierte Adel Ostpreußens, 
wie vor allem die Oohnas, dann tüchtige Beamte aus Kleve-Mark, 
Magdeburg, Westfalen, die der Große Kurfürst gern nach Berlin zog. 
Ein besonders wichtiges fremdes Element für den brandenburgisch- 
preußischen Offiziers= und Beamtenstand wurden die französischen huge- 
nottischen, nach Brandenburg-Preußen geflüchteten Familien, unter 
welchen Gelehrte, Juristen, Offiziere sehr zahlreich waren. Im Jahre 
1688 waren unter 1030 brandenburgischen Offizieren nicht weniger als 
300 Hugenoiten, wahrscheinlich auch manche Holländer, Schweden und 
Dänen. Wir kommen darauf zurück, daß in manchen Provinzen der 
Adel noch 1713 bis 1740 nicht in das brandenburgische Hcer eintreten 
wollte. Auch die hugenottischen Töchter beeinflußten den Beamtenstand 
durch die Verheiratung mit Adligen aller Provinzen, wie vom 
Zentrum des Hofes aus die oranischen und pfälzischen Prinzessinnen 
auf dem Throne Gedanken und Männer reformierter und moderner 
Färbung von den Miederlanden und Heidelberg her mitbrachten und 
ein starkes Gegengewicht gegen den herrschenden Junkerstand bildeten. 
Seit Friedrich Wilhelml. hat man dann begonnen, in die höheren 
Stellen überwiegend Leute aus den anderen Provinzen zu setzen, um 
so eine königliche Provinzialverwaltung, die über den egoistischen Pro- 
vinz= und Adelsinteressen stand, herbeizuführen. Unter Friedrich d. Gr. 
und fast noch mehr unter Friedrich Wilhelm III. strömen die großen 
Talente und Charaktere aus ganz Deutschland in den preußischen Dienst. 
Oer große Justizminister Carmer war ein Pfälzer, von schottischer Ab- 
stammung, der Bergwerks= und Handelsminister Heinitz ein Sachse, 
der Freiherr von Stein ein Rheinländer; Hardenberg und Scharnhorst 
waren Hannoveraner. Gneisenau stammte aus Österreich, Aiebuhr aus 
Holstein. Die großen Reformen von 1808 bis 1820 wären ohne dieses 
fremde Beamtenblut schwerlich durchgedrückt worden. 
Offenbar mußte mit der so entstehenden Bluts= und NRassenmischung 
in der preußischen Beamtenschaft von 1680 bis 1820 auch physiologisch 
die Möglichkeit, erhebliche Talente, ja Genies in diesen Kreisen zu 
erhalten, sehr zunehmen. 
Jedenfalls aber entstand innerhalb dieses Beamten= und Offiziers- 
standes verschiedener Rassen, aus verschiedenen Provinzen, verschiede-
	        
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