194 Gustav v. Schmoller
Fachvorbildung, mit einer zu durchlaufenden Amterhicrarchic, mit fürst-
licher Ernennung im monarchischen Staate möglich und immer zahl-
reicher. Die römischen Kaiser haben ein solches geldbezahltes Berufs-
beamtentum zuerst ausgebildet; die römische Kirche hat die Form von
der kaiserlichen Staatsverwaltung auf ihre Priester übertragen, die an-
deren Staaten, Frankreich voran, ein solches Beamtentum vom 13. Zahr-
hundert an auszubilden, solche Bcamte neben die älteren Amtsformen
mehr und mehr vom 16. bis 18. Jahrhundert zu stellen gesucht. Burgund
und Österreich haben das französische Vorbild nachgeahmt, die größeren
deutschen Territorialstaaten folgten.
Es handelte sich um eine neue schwierige Organisation aller Amter
und Behörden, um eine Gewinnung, Erziehung und Einschulung der
persönlichen Kräfte für sie, um eine Ausbildung von Amtskarrieren,
die nur langsam tastend mit viel Schwicrigkeiten, unter immer neuer
Entstehung und Aberwindung großer Mißbräuche gelingen konnte. Es
handelte sich um einen sozialen Mechanismus kompliziertester Art,
der nur den fähigsten Fürsten und Staatsgewalten unter besonders
glücklichen Voraussetzungen in den Epochen der beginnenden Geld-
wirtschaft, in Ansätzen von Jahrzehnten und Jahrhunderten gelingen
konnte.
Oie deutsche Beamtenschaft des 15. bis 17. Jahrhunderts war viel-
fach noch eine recht zweifelhafte Gesellschaft gewesen. In Preußen aber
ist eine weitgehende Ehrlichkeit und Tüchtigkeit derselben in der Haupt-
sache doch von 1670 bis 1750 erreicht worden. Gneist nennt die Be-
amten und Generalc, die Friedrich den Großen umgaben, eine der
geistesstärksten Generationen, die Deutschland je hervorgebracht habe.
ODie Vorbedingungen, welche das geistige und moralische Aiveau dieser
Beamten nach und nach emporhoben, waren: dic Beseitigung der älteren
Bezahlung durch Gebühren sowie durch allerlei von Beamten selbst-
verwaltete NMaturalien, die Beseitigung der Spekulation auf erledigte
Lchen und andere ähnliche Vorteile; dann die Ausbildung eines ge-
regelten, nie versagenden Geldbesoldungswesenus, ein klares Amtsrecht,
feste Instruktionen und Kontrollen, ein gut geordnetes Vorschlagsrecht
der Behörden und ein zentralisiertes fürstliches Ernennungsrecht, ein
gerechtes amtliches Straf= und Disziplinarrecht, ein nach und nach durch-
geführtes Prufungswesen, das nur dic tüchtigen vorgeschulten Kräfte
zuließ, ein fester Stufengang der Amter, eine entsprechende Tradition
darüber, welchen sozialen Klassen die Anwärter zu entnehmen seien,
und als Folge von all dem festgesügte, starke Ehr= und Pflichtbegriffe
in der ganzen Beamtenschaft.