Full text: Deutschland und der Weltkrieg.

  
328 Paul Darmstädter 
  
wollte, 1895 ging Dentschland Hand in Jund mit Rußland und Frank- 
reich in Ostasien vor. Als aber das Oeutsche Reich infolge des Tele- 
gramms, das der Kaiser anläßlich der Zurückweisung des ruchlosen 
Jamesonschen Einfalles an den Präsidenten Krüger richtete, in einen 
ernsthaften Konflikt mit England zu geraten schien. da ließ dic fran- 
zösische Regierung in London erklären, „daß Frankreich nur einen 
Feind habc, und das sei Dentschland“.?) Frankreich war also auch da- 
mals trotz aller kolonialen Rivalitäten gencigt, England in einem 
Kampfe mit Oeutschland beizustehen oder mit anderen Worten, es stellte 
auch damals die Kontinentalpolitik weit über die Weltpolitik. ODiese 
altung Frankreichs hatte naturgemäß für dic deutsche Politik wichtige 
Wirkungen; Frankreich aber ist durch diese Politik der größten Demüti- 
gung. die cs seit 1871 erlitten hat und dic mit dem Mamen Faschoda ver- 
knüpft ist, entgegengeführt worden. 
Merkwürdigerweise datiert gerade von 1898, dem Jahre von Ja- 
schoda, die Besserung der Beziehungen zwischen den beiden Westmäch- 
ten. Delcassé, der seit diesem Jahre dic answärtige Politik Frankreichs 
leitete und der den wachsenden Gegensatz zwischen Dentschland und 
England wohl erkannte, machte seine Lebensaufgabe daraus, ein enges 
Einvernehmen zwischen England und Frankreich zustande zu bringen 
und mit Hilfc diescs Bündnisses die Devanche durchzuführen. Der 
Plan des gewandten Südfranzosen hatte um so eher Aussicht auf Er- 
folg, als mit der Thronbesteigung König Edwards VII. (1901) eine 
entscheidende Wendung in der englischen Politik eintrat: Wie Frank- 
reich sah auch jetzt England in Deutschland den Hanptgegner. Ja Eng- 
land war sogar bercit. für dic französische Freundschaft einen hohen 
Preis zu zahlen und Frankrcichs wichtigsten weltpolitischen Wunsch 
zu erfüllen: Gegen die Anerkennung der faktischen englischen Ferr- 
schaft in Agypten ließ England Frankreich freic Hand im größten Teile 
Marokkos. So war durch das Abkommen vom S. April 1907 das Janptk- 
ziel der französischen Weltpolitik erreicht, der alte Gegensatz zu Eng- 
land beseitigt und die Möglichkeit geschaffen. im Bunde mit England 
dic französischen Wünsche in Europa zur Ourchführung zu bringen. 
Es galt nur noch die „Entente“ mit England mit dem russischen Bünd- 
nis in Einklang zu bringen. Die Gegensätze, dic zwischen England und 
7) Dentsche Revuc, September 1908. S. 260. Eine halbe Beftätizung von 
französischer Seite bei Albin, Le Coup d'Agadir S. 77. 1897/W joll nochmals 
eine Annäherung Frankreichs an Deutschland erfolgt sein. Albin S. 83 ff. Dinon, 
France et Allemagne. 97 ff. Der Sturz des Ministeriums Mline mackte dem ein 
Ende.
	        
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