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2) War der Kranke bisher noch nicht in ärztlicher Behand-
lung, so hat der einschlägige Gerichtsarzt die erforderlichen
Notizen zu erforschen, und nach denselben die Beschreibung der
Krankheit zu fertigen.
In beiden Fällen sind folgende Gegenstände zu berück-
sichtigen und anzugeben:
1) Familien= und Vorname, Alter, Religion und Wohnort
des Kranken;
2) Stand, Gewerbe oder sonstige Beschäftigung desselben;
3) ob derselbe verheirathet oder ledig sei; im Falle der
Kranke Verheirathet gewesen oder noch ist, ob und und wieviel
Kinder er gezeugt oder geboren habe oder wie lange er in der
Ehe gelebt habe, und seit wann er im Wittwenstande sei. Hat
eine ledige Weibsperson Kinder gehabt, so ist dieß ebenmäßig
anzugeben;
4) welche Gattung von Geisteszerrüttung bei dem Kranken
zugegen sei;
5) wann, auf welche Weise und unter welchen vorausge-
gangenen und begleitenden Umständen die Krankheit entstanden
sei; welche Zufälle und hervorstehende Symptome vor, bei und
während der Paroxysmen, und welche Abänderung in der Form
und Aeußerung der Krankheit während ihres Verlaufes bereits
stattgefunden haben;
6) ob durch gerichtlich aufgenommene Thatsachen erwiesen
sei, daß der Kranke zu wiederholten Malen Handlungen be-
gangen habe, welche ihm und andern hätten gefährlich werden
können, worin diese Handlungen bestanden, ob sie in der Krank-
heit unmittelbar begründet, oder vielmehr Folgen zufälliger
momentaner Veranlassungen gewesen seien;
7) insbesondere sind zu erforschen und anzugeben die Ver-
hältnisse, in welchen der Kranke von der frühesten Jugend an
gelebt hat, die entfernten Ursachen, welche auf seinen Körper
und Geist eingewirkt und die Dispositionen, die Anlage zu der
Geisteskrankheit muthmaßlich gegeben haben können, sowie endlich
die nächsten Ursachen des wirklichen Eintritts der Geisteszerrüttung.
Demnächst ist möglichst auszumitteln, durch welches Zu-
sammentreffen innerer Anlagen und äußerer Veranlassungen sich
die Krankheit wahrscheinlich erzeugt und entwickelt habe.
Bei den Anlagen ist sowohl auf die geistigen, als körper-
lichen zu sehen und rücksichtlich beider sind nicht nur die ur-