46
lich, als die mit den gedachten Säuren gebildeten; es ist also
das Einweichen der Reinetten wesentlich, indem es das Sa-
badillpulver seinem Hauptbestandtheile nach leichter löslich und
dadurch wirksamer macht. Aus diesem Grunde dürfte das
Einweichen der Reinette daher nichts weniger als gleichgiltig
sein, nnd ohne dasselbe die Sabadilla nicht so schnell wirken.
Glücklicherweise kommen hydrophobische Fälle nur selten
zur ärztlichen Behandlung vor; beim nächsten Falle, der uns
vorkommen wird, sind wir indessen feft entschlossen, die Sa-
badilla anzuwenden. Melius est remedium anceps, quam
nullum! — Statt der geschälten Reinette, die in unserm nor-
dischen Klima nur selten zu haben ist, würden wir es vorziehen,
dem mit Wasser eingerührten Sabadillpulver einige Tropfen
Essig= oder Citronensäure zuzusetzen, und wir sind versicherk,
daß dies die Wirksamkeit der Reinette noch übertreffen muß.
Auch würden einige Tropfen saurer Wein die nämliche Wirkung
hervorbringen.
Die künstliche Erwärmung des Körpers dürfte gleichfalls
nicht zu übersehen sein, da der Wärmestoff bei vieser Kur ge-
wiß eine wichtige Rolle spielt. Bei der lange anhaltenden
Ohnmacht, die nach dem Gebrauche des Mittels eintritt, ist
es höchst gewiß, daß mit der verminderten Nervenströmung
die Wärmeentwicklung gleichmäßig aufgehoben sein muß. Da
das Leben aber nur auf den Schwingen ves Wärmestoffes
bestehen kann, und die Wärme jede Function bethätigt, so
scheinet die künstliche Erwärmung nothwendig sein, und es
könnte ohne sie leicht die Ohnmacht in Tod übergehen.
Im vorkommenden Falle würden wir daher das Zimmer,
worin die Kur vorgenommen werden soll, bis gegen 30° Reaum.
erwärmen, oder, wo dies nicht angeht, den Kranken in einer
Backstube vor der Gluth des geheizten offenen Backofens lie-
gen lassen, bis das Erbrechen und Laxiren der schwarzen Ma-
terie beginnt.
(Geschäftstagebuch für practische Heilkünstler auf das Jahr 1831 2c.
v. Dr. E. Dittmer, Königl. Preuß. Kreisphysikus 2c. S. 111— 116).