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bei Einkommen bis 3100 M. zu gestatten. Aus finanziellen
Gründen aber wurde beschlossen, Kinder unter 6 Jahren aus-
zuschließen. Und so kam denn jene unglückliche Bestimmung
zu stande, nach welcher „für jedes nicht besonders zur Ein-
kommensteuer veranlagte Familienglied, welches das 6., aber
noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet hat, von dem steuer-
pflichtigen Einkommen des Familienhauptes, das es unterhält,
sofern dieses Einkommen den Betrag von 3100 M. nicht über-
steigt, der Betrag von 50 M. in Abzug gebracht wird, mit der
Maßgabe, daß bei Vorhandensein von drei oder mehr Familien-
gliedern dieser Art mindestens eine Ermäßigung der Steuer
um eine Klasse stattfindet“!) (sogen. Kinderparagraph).
II. Eine Kritik über die angeführten Bestimmungen hat
sich zunächst gegen jene Einkommenshöhe von 5800 M. zu
richten. Offenbar ist diese Grenze zu niedrig gewählt, wenn
man dem Grundsatz „gerechten Opferausgleichs“ ernstlich zu
entsprechen bemüht ist. Denn es wird kaum jemand geneigt
sein zu bestreiten, daß Personen von auch 7000, 8000 oder
9000 M. Einkommen an sich regelmäßig von verschiedener
Steuerfähigkeit sich erweisen müssen, je nachdem sie z. B. meh-
rere Söhne für höhere Berufe zu erziehen haben oder nicht.
Es wäre daher wohl zu wünschen, wenn in Sachsen, ähnlich wie in
Preußen?), jene Ausgabenberücksichtigung bis auf die Ein-
kommenshöhe von ungefähr 9000 M. ausgedehnt würde.?)
Daß in Sachsen ferner die Berücksichtigung jener wirt-
schaftlichen und persönlichen Verhältnisse auf die im Gesetze
angeführten vier Fälle beschränkt ist, erscheint in Überein-
stimmung mit Neumann) auch nicht ausreichend. In Preußen
dagegen kann auch wegen Verschuldung Ermäßigung des
tarifmäßigen Steuersatzes erfolgen, trotzdem natürlich auch
dort Schuldzinsen vom Einkommen abgezogen werden dürfen.
Und in dieser Hinsicht dürfte dem preußischen Beispiele
in der Tat zu folgen sein. Denn man vergegenwärtige sich
nur, daß z. B. ein höherer Staatsbeamter wegen seiner kost-
spieligen Berufsvorbildung große Summen an Schuldzinsen aus
seinem Einkommen zu bestreiten hat und daher im grunde kein
größeres Reineinkommen bezieht als ein unter ihm stehender
Beamter. Nun hat aber ersterer, um seinem Stande ent-
sprechend aufzutreten, viel größere Ausgaben als letzterer,
was natürlich seine Steuerfähigkeit verringert.
Aber auch nach der formellen Seite hin erscheint jene
ı) $ 12 letzter Abs. des Einkommensteuerges. v. 1. Juli 1902.
?) In Preußen ist jene Grenze bis auf 9500 M. Einkommen ausgedehnt
($ 19 des Einkommensteuergesetzes von 1891).
3) Dies hat Neumann übrigens schon lange befürwortet (Zur Ge-
meindesteuerreform 1895 S. 5).
4) Neumann, Die persönlichen Steuern vom Einkommen, S. 184.