Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

— 15 — 
bei Einkommen bis 3100 M. zu gestatten. Aus finanziellen 
Gründen aber wurde beschlossen, Kinder unter 6 Jahren aus- 
zuschließen. Und so kam denn jene unglückliche Bestimmung 
zu stande, nach welcher „für jedes nicht besonders zur Ein- 
kommensteuer veranlagte Familienglied, welches das 6., aber 
noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet hat, von dem steuer- 
pflichtigen Einkommen des Familienhauptes, das es unterhält, 
sofern dieses Einkommen den Betrag von 3100 M. nicht über- 
steigt, der Betrag von 50 M. in Abzug gebracht wird, mit der 
Maßgabe, daß bei Vorhandensein von drei oder mehr Familien- 
gliedern dieser Art mindestens eine Ermäßigung der Steuer 
um eine Klasse stattfindet“!) (sogen. Kinderparagraph). 
II. Eine Kritik über die angeführten Bestimmungen hat 
sich zunächst gegen jene Einkommenshöhe von 5800 M. zu 
richten. Offenbar ist diese Grenze zu niedrig gewählt, wenn 
man dem Grundsatz „gerechten Opferausgleichs“ ernstlich zu 
entsprechen bemüht ist. Denn es wird kaum jemand geneigt 
sein zu bestreiten, daß Personen von auch 7000, 8000 oder 
9000 M. Einkommen an sich regelmäßig von verschiedener 
Steuerfähigkeit sich erweisen müssen, je nachdem sie z. B. meh- 
rere Söhne für höhere Berufe zu erziehen haben oder nicht. 
Es wäre daher wohl zu wünschen, wenn in Sachsen, ähnlich wie in 
Preußen?), jene Ausgabenberücksichtigung bis auf die Ein- 
kommenshöhe von ungefähr 9000 M. ausgedehnt würde.?) 
Daß in Sachsen ferner die Berücksichtigung jener wirt- 
schaftlichen und persönlichen Verhältnisse auf die im Gesetze 
angeführten vier Fälle beschränkt ist, erscheint in Überein- 
stimmung mit Neumann) auch nicht ausreichend. In Preußen 
dagegen kann auch wegen Verschuldung Ermäßigung des 
tarifmäßigen Steuersatzes erfolgen, trotzdem natürlich auch 
dort Schuldzinsen vom Einkommen abgezogen werden dürfen. 
Und in dieser Hinsicht dürfte dem preußischen Beispiele 
in der Tat zu folgen sein. Denn man vergegenwärtige sich 
nur, daß z. B. ein höherer Staatsbeamter wegen seiner kost- 
spieligen Berufsvorbildung große Summen an Schuldzinsen aus 
seinem Einkommen zu bestreiten hat und daher im grunde kein 
größeres Reineinkommen bezieht als ein unter ihm stehender 
Beamter. Nun hat aber ersterer, um seinem Stande ent- 
sprechend aufzutreten, viel größere Ausgaben als letzterer, 
was natürlich seine Steuerfähigkeit verringert. 
Aber auch nach der formellen Seite hin erscheint jene 
ı) $ 12 letzter Abs. des Einkommensteuerges. v. 1. Juli 1902. 
?) In Preußen ist jene Grenze bis auf 9500 M. Einkommen ausgedehnt 
($ 19 des Einkommensteuergesetzes von 1891). 
3) Dies hat Neumann übrigens schon lange befürwortet (Zur Ge- 
meindesteuerreform 1895 S. 5). 
4) Neumann, Die persönlichen Steuern vom Einkommen, S. 184.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.