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hältnissen nur für ein Kind von etwa 8 Jahren zu sorgen hat.
Dem letzteren wird aber der Abzug von 50 M. von seinem Rein-
einkommen und eventuell die Ermäßigung um eine Steuerklasse
zuteil, während dem ersteren nur der Trost beschieden bleibt,
dann, wenn eines seiner Kinder über 6 Jahre alt ist, auch ab-
ziehen zu dürfen!
Solchem Übelstande muß entschieden entgegengetreten
werden, um die Quelle neu erstehender Unzufriedenheit und
Verbitterung in Sachsen zuzustopfen.
Bestimmend für die Ausschließung von Kindern unter
6 Jahren hinsichtlich jenes Abzugs von 50 M. war die Er-
wägung, daß Kinder unter 6 Jahren einem Familienvater regel-
mäßig nicht so viel Ausgaben verursachen als schulpflichtige
Kinder durch die Aufbringung von Schulgeld usw. Dies ist
gewiß zuzugeben, aber andererseits ist zu beachten, daß Kinder
zwischen 6 und 14 Jahren ihre Eltern in vielfacher Hinsicht
schon mit unterstützen können, indem sie als Laufmädchen und
dergleichen verwendet werden. Auch kann z. B. ein 13jähriges
Mädchen ganz gut die häuslichen Arbeiten für ihre Eltern ver-
richten, so daß die Ehefrau mit auf die Arbeit gehen und Geld
verdienen kann, was gerade in Sachsen bei der stark verbrei-
teten Industrie in großem Umfange der Fall ist. Ein Kind von
z. B. 2 Jahren aber bedarf noch sehr der mütterlichen Pflege,
so daß die Mutter nicht ‚„mitzuverdienen“, d. h. außerhalb:
ihres Haushaltes Geld zu erwerben in der Lage ist, es sei denn,
daß sie die Erziehung ihres Kindes fremden Händen anver-
traut, was aber, abgesehen von ethischen Nachteilen, auch
wieder Ausgaben verursacht.
Daher ist zu wünschen, daß in Sachsen wie in Preußen
jener Abzug von 50 M. für jedes Kind unter 14 Jahren ge-
stattet wird.
III. Eine sehr schwierige Frage ist die nach der Abzugs-
fähigkeit der Lebensversicherungsprämien vom steuer-
pflichtigen Einkommen.!) In Sachsen dürfen letztere, wie
bereits angedeutet, nicht abgezogen werden. Indessen sind hier
mehrfache Anläufe zur Gestattung jenes Abzugs gemacht wor-
den, die finanzwissenschaftlich nicht uninteressant sind. So
versuchte man schon bei der Einführung der allgemeinen Ein-
kommensteuer im Jahre 1874, die Abzugsfähigkeit der Lebens-
versicherungsprämien durchzusetzen.
Im Regierungsentwurf vom 8. Februar 1874 war ausdrück-
lich der Abzug der Lebensversicherungsprämien für unzulässig
erklärt, ohne daß diese Bestimmung in den Motiven näher be-
gründet war. Dieses Abzugsverbot stieß aber im Plenum der
1) Vgl. den sehr, lehrreichen Aufsatz über die Abzugsfühigkeit der
Lebensversicherungsprämien vom steuerpflichtigen Binkommen von \WV.
Brauer in Schanz’ Finanzarchiv 1903 2. Bd. S. 299 ff.