Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

— 138 — 
II. Kammer auf heftigen Widerstand. Beachtenswert sind hier- 
bei namentlich die Ausführungen des Abgeordneten Bieder- 
mann!), der darauf hinwies, daß die Lebensversicherungsprä- 
mien sowie die Beiträge zu den Pensions-, Sterbe- und Kranken- 
kassen ihrem Zwecke nach mit den zur „Sicherung und Erhal- 
tung der Einnahmen verwendeten Ausgaben“, wie vor allem 
mit den Brandversicherungsbeiträgen und Abschreibungen des 
Kaufmanns, Landwirts und Fabrikanten von ihrem Anlage- 
kapital ganz auf die gleiche Linie zu stellen seien, denn bei 
demjenigen, dessen Einkünfte aus Arbeit hervorgehen (wie 
bei Lohnarbeitern, Beamten usw.), nutze sich ebenfalls die 
Quelle seiner Einkünfte, nämlich seine Arbeitskraft ab. Durch 
die Lebensversicherungsprämien aber werde die Arbeitskraft, 
wenn sie konsumiert ist, für die Hinterbliebenen des Versicher- 
ten in Form des Versicherungskapitals gleichsam ersetzt. 
Obwohl der Referent der II. Kammer von der Richtigkeit 
dieser Argumentation überzeugt war, wurde doch der Bieder- 
mannsche Vorschlag unter Hinweis auf praktische Bedenken 
abgelehnt. 
Erst auf dem Landtage 1897/98 trat man der Frage nach 
der Abzugsfähigkeit der Lebensversicherungsprämien vom 
steuerpflichtigen Einkommen wieder näher. In dem Steuer- 
reformplane vom 9. November 1897 war ausdrücklich von 
einem Abzuge derselben abgesehen worden. „Gegen die be- 
treffende Bestimmung des preußischen Einkommensteuerge- 
setzes“ — so heißt es in den Motiven?) — „sind bei Beratung 
des Ergänzungssteuergesetzes von den Regierungsvertretern 
erhebliche Bedenken geltend gemacht worden. Jedenfalls liegt 
kein Bedürfnis vor, die in dem Abschlusse von Lebensversiche- 
rungen zum Ausdrucke gelangende Betätigung des Sparsinns 
steuerlich anders zu behandeln als sonstige Rücklagen aus dem 
Einkommen.“ — Unter Hinweis namentlich auf Preußen war 
damals um den Abzug der Lebensversicherungsprämien bis zum 
Betrage von 600 M. petitioniert worden. Die Finanzdeputation 
der II. Kammer lehnte aber solchen Antrag ab mit der Be- 
gründung, daß jene Vergünstigung gegenüber dem freien 
Sparen ungerecht sei. Und im Plenum dieser Kammer wurde 
der Deputationsbeschluß einstimmig und ohne Debatte ange- 
nommen. — — 
Wenn auch zuzugeben ist, daß sich mancherlei gegen den 
Abzug der Lebensversicherungsprämien einwenden läßt, so 
möchte doch der Verfasser für die Freilassung derselben bis 
zu einem gewissen Betrage und — im Gegensatz zu der preußi- 
  
ı) Vgl. L.-A. 1873/74, Mitteil. der II. Kammer, 2. Bd. S. 1475 ff. 
2) Dekret an die Stände, die Weiterführung der Reform der direkten 
Steuern betr., vom 9. November 1897 S. 49.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.