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binden, ohne doch zugleich die Schattenseiten beider Steuer-
arten mit zu übernehmen.
Im allgemeinen hat sich das sächsische Verfahren der
Selbsteinschätzung und des indirekten Deklarationszwanges der
Steuerpflichtigen, soweit das Einkommen den Betrag von
1600 M, überschreitet, nach den bisher gemachten Erfahrungen
wohl bewährt. „Die Einschätzung zur Einkommensteuer“, sagt
V. Böhmert!), „ist für eine große Anzahl von Steuerpflichtigen
eine alljährlich wiederkehrende heilsame Aufforderung zur
Prüfung ihrer finanziellen Lage und eine Mahnung an die
büchermäßige Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben und
aller wichtigen Vorgänge im Hause und Beruf, sie hat unter
der verdienstvollen Mitwirkung der landwirtschaftlichen Ver-
eine und ihrer Zeitschrift dahin geführt, auch die kleineren
Landwirte zu einer besseren Buchführung anzuregen. Die all-
Jährlich gestiegenen Erträge der sächsischen Einkommensteuer
sind wohl nicht allein der Verbesserung des Volkswohlstandes,
sondern auch der größeren Gewissenhaftigkeit der Steuerzahler,
der besseren Einübung der Steuereinschätzungskommissionen
sowie der häufigeren Anwendung des Nachzahlungs- und Straf-
verfahrens bei Steuerhinterziehungen mit zu verdanken.“
Auch Gensel gelangte auf Grund einer privaten Umfrage
bei den Veranlagungsbehörden in den 1880er Jahren zu einem
günstigen Ergebnis über den Wert des Einschätzungsverfahrens
und der Deklarationspflicht in Sachsen. ?)
11. Verschiedene Bestimmungen.
Die prinzipiellen Hauptpunkte des sächsischen Einkommen-
Steuergesetzes, die ein allgemeineres finanzwissenschaftliches
Interesse beanspruchen, dürften im wesentlichen erschöpft sein.
Die übrigen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes sind
mehr von steuertechnischer als finanzwissenschaftlicher Be-
deutung. Der Vollständigkeit halber jedoch seien die wichtig-
sten derselben hier noch angeführt.
I. Das Einschätzungsverfahren in Sachsen wird da-
durch sehr erleichtert, daß — im Gegensatz zu Preußen —
alle Arbeitgeber (einschließlich der Staats-, Gemeinde-, Kir-
chen- und Schulbehörden usw.) verpflichtet sind, Nachweisun-
gen über das von ihnen bezogene Einkommen derjenigen Steuer-
pflichtigen einzureichen, welche sie gegen Lohn, Gehalt, Tan-
tiemen usw. beschäftigen ($ 36, 37). Für die Steuerbeträge,
die infolge unrichtiger oder unvollständiger Angaben ihrer-
seits dem Staate entgehen, haften die Hausbesitzer und
Familienhäupter ($ 35) sowie alle Arbeitgeber, seien sie phy-
1) Zeitschr. des Königl. Sächs. Statist. Bureaus 1889 S. 57.
2) S. Gensels Aufsatz in den Jahrb. f. Nationalökonomie und Statistik,
Ba. 44 S. 499 ff.