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nur wegen unrichtiger Anwendung des bestehenden Rechts
oder wegen Nichtbeachtung einer wesentlichen Formvorschrift
erhoben werden, nicht aber gegen die Entscheidungen über
Steuerforderungen, wenn bloß das Ergebnis einer Abschätzung
angefochten wird (88 75 Abs. 1 Ziff. 2 und 76 Abs. 1 Ziff. 2
des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege v. 19. Juli
1900).
Über Beschwerden, die sich auf das Verfahren beziehen,
entscheidet das Finanzministerium ($ 67).
IV. Eine Steuerhinterziehung liegt vor, wenn jemand
bei der Deklaration seines Einkommens oder bei der Beant-
wortung von Fragen, welche behufs Einschätzung, Nachschät-
zung oder Verhandlung eines Rechtsmittels an ihn gestellt
werden, oder endlich bei Begründung eines Rechtsmittels
wissentlich solche unrichtige oder unvollständige Angaben
macht, welche zu einer Verkürzung des Steuerinteresses zu
führen geeignet sind ($ 68). Die Hinterziehung wird mit dem
4—10fachen Betrage der Summe bestraft, deren Hinterziehung
unternommen wurde ($ 69). Außerdem können noch gewisse
Ordnungsstrafen auferlegt werden (85 70—72).
Wer bei der Veranlagung übergangen oder in eine zu nied-
rige Klasse eingeschätzt worden ist, hat den der Staatskasse
hierdurch entzogenen Steuerbetrag nachzuzahlen, gleichviel ob
eine Hinterziehung vorliegt oder nicht. Diese Verpflichtung
verjährt in 5 Jahren, geht aber insoweit auf die Erben über
($ 7).
12. Schlußbetrachtung.
Faßt man nun zum Schlusse vorstehender Darstellung das
Gesamturteil über das sächsische Einkommensteuergesetz kurz
zusammen, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß seiner
Zeit jenes Gesetz einen gewaltigen Fortschritt auf dem Gebiete
der Staatsbesteuerung bedeutete. Nicht nur für Sachsen, son-
dern auch für ganz Deutschland bezeichnete dasselbe gleichsam
die Morgenröte einer neuen Steuerära: die persönlichen
Steuern traten siegreich ihre Bahn in den deutschen Staaten an.
Andererseits wird man sich aber auch nicht des Eindrucks
verschließen können, daß die sächsische Steuergesetzgebung
nicht mit der Zeit fortgeschritten ist, so daß heute, wie zu
zeigen versucht wurde, das Einkommensteuergesetz in man-
chen Stücken höchst reformbedürftig erscheint. Hier sei nur
die wesentliche Hinaufrückung der tiefliegenden Steuerunter-
grenze von 400 M. erwähnt.
‚ Und dennoch dürfte das Gesamturteil über die sächsische
Einkommensteuer als ein günstiges bezeichnet werden. Hierfür
spricht schon die Tatsache, daß die Erträgnisse derselben sehr
erheblich gestiegen sind, nämlich nach den Rechenschaftsbe-