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kann, was insbesondere für eine der wichtigsten und größten
Einkommenskategorien, nämlich für die gewerblichen Einkünfte
gilt. Man hatte klar erkannt, daß es unmöglich ist, den Grad
der Fundierung innerhalb der Unternehmereinkünfte zu be-
stimmen, d. h. festzustellen, wieviel innerhalb der einzelnen
landwirtschaftlichen oder gewerblichen Einkünfte auf das Kapi-
tal oder Vermögen und wieviel auf die Arbeit zurückzuführen
ist. Man sah weiter ein, daß dieses Verfahren sich nur in der
Weise durchführen läßt, daß man von einem allgemeinen,
mittleren Satz ausgeht, zu welchem sich das bezügliche Ka-
pital oder Vermögen verzinst, daß man aber „durch eine solche
gleiche Behandlung der ungleichartigsten Verhältnisse große
Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten herbeiführen würde.“
Um allen diesen Schwierigkeiten zu entgehen, entschied
sich daher die Regierung, nach dem Vorbilde des preußischen
Ergänzungssteuergesetzes vom 14. Juli 1893 zur Erreichung
des in Rede stehenden Zieles bei jedem einzelnen Einkommen
direkt nach jenem Grade der Fundierung zu fragen, wie
solcher in der Größe des Vermögenswertes zutage tritt. Es
sollte also das Vermögen als „die Quelle und das Fundament“
des heranzuziehenden Einkommens belastet werden.
„Das Einkommen an und für sich betrachtet‘ — so heißt es im Dekrete
No. 3 (S. 13) — „hat unter sonst gleichen Verhältnissen denselben Wert,
gleichviel aus welcher Quelle es fließt; denn es läßt sich gewiß nicht ver-
kennen, daß ein reines Arbeitseinkonmen denjenigen, der es bezieht, mit
gleicher Kaufkraft ausstattet, wie sie auch einem reinen Renteneinkommen
von derselben Höhe innewohnt. Wenn gleichwohl zwischen beiden ein
wesentlicher Unterschied gemacht und allgemein derjenige, welcher das
Renteneinkommen bezieht, gegenüber dem aus seiner Arbeit ein gleich hohes
Einkommen Erzielenden als der wirtschaftlich Stärkere mit vollem Recht
angesehen wird, so beruht das lediglich auf der besonderen Eigenschaft der
Einkommensquelle, auf dem Vermögensbesitze, welchen diese repräsentiert.
In der Tat gewährt auch der Vermögensbesitz, gleichviel wie er zum Erwerbe
von Einkommen nutzbar gemacht wird, den Besitzer eine wirtschaftlich
stärkere Stellung als dem Nichtbegüterten, insofern er ihm nicht nur eine
größere Freiheit in seinen geschäftlichen oder wirtschaftlichen Dispositionen
ermöglicht, etwaige ungünstige Zeiten leichter überwinden läßt und vor
Sorgen verschiedener Art bewahrt, sondern ihm auch in minderem Grade
Ausgaben zur Sicherstellung der eigenen Existenz im Alter und zur Für-
sorge für seine Angehörigen für den Fall seines Todes auferlegt.
„Indem die Vermögenssteuer lediglich das vorhandene reine Ver-
mögen ohne Rücksicht auf die Art der Nutzung desselben sowie ohne Rück-
sicht darauf, ob es jeweilig nutzbar gemacht ist oder nicht, der Besteuerung
unterwirft, verüberflüssigt sie nicht nur die überaus schwierigen Er-
mittelungen darüber, in welchem Grade die einzelnen Arten des Einkommens
die Eigenschaft eines fundierten haben, sondern auch die vielfach unaus-
führbare Verteilung der Schuldzinsen auf die verschiedenen Einkommen,
welche ein und derselbe Steuerpflichtige in seiner Hand vereinigt. Sie er-
faßt das gesamte reine Vermögen bei allen Steuerpflichtigen nach gleichen
Grundsätzen und nach gleichem Fuße und entspricht dadurch den An-
forderungen, welche an eine nach allen Seiten gerechte Steuerveranlagung
gestellt werden müssen.“
Die Vermögenssteuer war hiernach im Systeme der direk-
ten Steuern als „eine ausgleichende Nebensteuer neben der