Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

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auch fernerhin die hauptsächlichste Steuer bildenden Einkom- 
mensteuer“ gedacht. Der Normalsteuerfuß sollte wie in Preußen 
1/,0/00 vom Vermögenswert (im Anschlusse an Vermögens- 
steuerstufen) betragen und die Besteuerung, ebenfalls wie dort, 
nur auf physische Personen beschränkt werden. Dagegen war 
die untere Grenze der Steuerpflicht auf 10000 M. (in Preußen 
6000 M.) Vermögenswert festgesetzt. Die Veranlagung der 
Vermögenssteuer sollte im allgemeinen durch. die Einschätzungs- 
kommissionen zur Einkommensteuer erfolgen, jedoch — wie 
in Preußen — ohne Deklarationszwang. Überhaupt lehnte sich 
der Gesetzentwurf im großen und ganzen an das preußische 
Ergänzungssteuergesetz von 1893 an. Der Ertrag der Ver- 
mögenssteuer wurde auf 5 Mill. M., d. h. 1/,—!/, des damaligen 
Einkommensteuerertrags veranschlagt. 
Der steigende Steuerbedarf des Staates sollte zweitens 
durch eine Reform der Erbschafts- (und Schenkungs-) 
steuer gedeckt werden. Durch diese Reform wäre Sachsen 
wieder als Führer an die Spitze der deutschen Steuerreform- 
bewegung getreten. Daher ist es von allgemeinerem finanz- 
wissenschaftlichen Interesse, auf jenes Reformprojekt mit 
kurzen Worten einzugehen. 
Die Reform der Erbschaftssteuer war nach großen, inner- 
lich aber durchaus begründeten sozialpolitischen Steuergesichts- 
punkten — ähnlich wie die finanziell und steuerpolitisch so 
wichtige englische Erbschaftssteuerreform von 18941) — in 
Aussicht genommen. Die Erbschafts- und Schenkungssteuer 
sollte zur Ergänzungssteuer der geplanten Vermögenssteuer 
ausgebildet werden. 
„Mit Einführung der letzteren Steuer“ — so führte die Regierung 
aus -—— „wird die höhere Leistungsfühigkeit, welche das Vermögen gewährt, 
noch nicht voll getroffen. Diese Steuer ist nur eine ständig wiederkehrende 
Abgabe wegen der aus denn Vermögensbesitze sich ergebenden günstigeren 
Gestaltung der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen, sie läßt dagegen 
den Erwerb des Vermögens und die durch denselben eintretende Besserung 
der wirtschaftlichen Lage völlig unberührt. Allerdings ist hier zwischen 
dem Vermögenserwerbe, welcher auf Einkommensüberschüssen des Steuer- 
pflichtigen beruht, und dem rein lukrativen Vermögenserwerbe durch Erb- 
schaften und Schenkungen ein Unterschied zu machen. Denn die Ver- 
mögensbildung aus Einkommensüberschüssen hat bei dem Steuerpflichtigen 
bereits in der Einkommensteuer fortgesetzt der Besteucrung unterlegen, und 
es würde daher als eine Ungerechtigkeit sich darstellen, wenn man diese 
Einkommensüberschüsse als solche noch einer besonderen Besteuerung unter- 
werfen wollte. Anders verhält es sich dagegen mit dem rein lukrativen 
Vermögenserwerbe. Denn wenn auch das so erworbene Vermögen bei dem 
oder den Vorgängern im Besitze desselben aus Einkommensüberschüssen 
entstanden ist und daher im Stadium der Vermögensbildung fortgesetzt 
der Besteuerung unterlegen hat, so ist doch davon der Erwerber des Ver- 
wmögens noch nicht berührt worden und für ihn stellt daher dessen Erwerb 
1) S. Ad. Wagner, Finanzwissenschaft II. bd.,, $ 233, 241, 242, Er- 
gänzungsheft zu Bd. III, $ 8.
	        
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