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eine reine Bereicherung dar, deren Erfassung bei der Besteuerung ihm
gegenüber keine Ungerechtigkeit in sich schließt.“
Bei allem ist im vorweg zu bemerken, daß die Erbschafts-
steuer in Sachsen bis heute — wie in fast allen deutschen
Steuergesetzgebungen — in der Hauptsache auf Seitenver-
wandte beschränkt ist und in je nach der Nähe des Verwandt-
schafts- beziehentlich Schwägerschaftsgrads abgestuften Sätzen
bis 8% vom Werte des Anfalls aufsteigt. Anfälle bis zu 150 M.
bleiben im allgemeinen frei. — Die Erbschaftssteuerreform
sollte nun nach dreifacher Richtung hin erfolgen. Erstens war
die Erhöhung des Maximalsatzes von 8 auf 10% geplant.
Zweitens sollte diese Steuer auch auf die Ehegatten und die
Verwandten ab- und aufsteigender Linie ausgedehnt und drittens
nicht nur nach Verwandtschaftsgraden, sondern auch nach
dem Bereicherungsbetrage progressiv ausgestaltet werden. Um
aber allen Bedenken gegen die Ausdehnung der Erbschafts-
steuerpflicht in dem vorgesehenen Umfange entgegenzutreten,
sollten vorzugsweise nur die erheblicheren Vermögensanfälle
besteuert werden, und zwar in der direkten Linie bei Abkömm-
lingen und Ehegatten nur die Wertbeträge über 10000 M., bei
Eltern die über 5000 M. Auch sollte bei Deszendenten und Ehe-
gatten der progressive Steuerfuß 3% der dem einzelnen Steuer-
pflichtigen zugeflossenen wirklichen Bereicherung nicht über-
steigen. Für jeden Verwandtschaftsgrad war ein Tarif auf-
gestellt und zwar derart, daß unter Einhaltung jener Maximal-
grenzen von 10 resp. 3%0 ein höherer Steuersatz immer nur
für den Überschuß des Wertes des Anfalls über die oberste
Wertgrenze der vorhergehenden Abstufung in Anwendung zu
bringen war. Bei Abkömmlingen und Ehegatten z. B. kam
sonach der Betrag von 10000 M. nicht in Anrechnung, über
10—80000 M. betrug der Steuerfuß 0,5%, über 30000 bis
00000 M. 1%, über 50 000—100000 M. 1,5%, über 100 000
bis 200000 M. 2,5%, über 200 000—400000 M. 3%, über
400000—600000 M. 40%; im ganzen aber sollte als Höchst-
betrag nicht mehr als 3% entrichtet werden. Bei Anfällen an
Eltern stieg der Steuersatz erst bei einem Betrage von
1000000 M. auf 10%. Die durch die Erbschaftssteuerreform
veranschlagte Mehreinnahme bezifferte man auf rund 2,5
Mill. M. (gegen bisher 1,2—1,4 Mill. M.).
Außerdem umfaßte der Reformplan von 1897 noch einige
Abänderungen des Urkundenstempels und des Einkom-
mensteuergesetzes. In letzterer Hinsicht war von prin-
zipieller Bedeutung namentlich die Befreiung der Gemeinden
und der übrigen Personen des Öffentlichen Rechts (auch der
milden Stiftungen u. dgl.) von der Einkommensteuerpflicht.
‚Im ganzen erwartete man durch die geplante Reform eine
Mehreinnahme des Staates von rund 5,7 Mill. M.
U. Die Regierungsvorlage fand in ihren Hauptteilen bei