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den Ständen nur wenig Beifall. Obwohl man einsah, daß eine
stärkere Anspannung der Steuerkraft des Landes dringend ge-
boten war, vermochte man sich doch nicht für die von der
Regierung vorgeschlagenen Wege zu entscheiden. So. wurde
die Vermögenssteuervorlage in beiden Kammern en bloc ab-
gelehnt. Man begründete diese Ablehnung damit, daß ein ge-
fährliches und lästiges Eindringen in die privaten Vermögens-
verhältnisse der einzelnen zu befürchten wäre; auch seien die
Ermittelungen und Schätzungen des Vermögenswertes, vor-
nehmlich des Grundbesitzes und des gewerblichen Betriebs-
kapitals mit großen, kaum zu überwindenden Schwierigkeiten
verknüpft, und endlich müßte die Vermögensbesteuerung eine
Überbürdung des Grundbesitzes herbeiführen, wenn die Grund-
steuer nicht ganz beseitigt, sondern als Schulgemeindesteuer
beibehalten würde. Auch in prinzipieller Hinsicht hatte die
Vermögenssteuer nicht überall Freunde gefunden. Freilich ver-
suchte man andererseits die gegen jene Steuer erhobenen Be-
denken dadurch zu widerlegen, daß man auf das preußische
Vorgehen hinwies; jedoch stieß man hierbei auf den Einwand,
daß die preußischen Verhältnisse nicht allgemein auf Sachsen
übertragen werden könnten. Und so wurde denn zur teilweisen
Deckung des erhöhten Staatsbedarfs in der II. Kammer be-
schlossen, allein die hohen Einkommen stärker zur Einkommen-
steuer heranzuziehen. Es sollten nämlich für den Fall der
Notwendigkeit von Einkommensteuerzuschlägen die Steuersätze
bei Einkommen über 30000—100000 M. um 10% und bei
Einkommen von über 100000 M. um 20% erhöht werden. In-
dessen fand dieser Vorschlag bei der I. Kammer keine Billi-
gung. Daß auf diesem Wege jener Forderung der Höherbe-
lastung fundierter Bezüge nicht zu genügen ist, wurde allgemein
und selbst von denen zugegeben, die diesen Vorschlag befür-
worteten.
Auch die von der Regierung geplante Reform der Erb-
schaftssteuer wurde im Landtage mit den üblichen, aber durch-
aus unzutreffenden Gründen, daß die Ausdehnung jener Steuer
auf die direkte Linie und Ehegatten dem deutschen Familien-
sinn zuwider und unerträglich sei, abgelehnt. Den Gesetzent-
wurf über die Abtretung der Grundsteuer an die'Schulgemeinden
hatte die Regierung nach Ablehnung der Vermögenssteuer
selbst zurückgezogen.
Als positives Ergebnis aus der Steuerreformbewegung jener
Zeit ist nur das Gesetz über den Urkundenstempel vom
10. Juni 1898 sowie das Einkommensteuergesetz vom
24. Juli 1900 hervorgegangen. Freilich ist die Reform der
Einkommensteuer nicht in dem Umfange erfolgt wie in der
Regierungsvorlage von 1897 geplant war. Die in Aussicht ge-
nommene Freilassung der bisher einkommensteuerpflichtigen
nichtphysischen Personen des öffentlichen Rechts ist in dieser