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ferner die Unterscheidung und Trennung der einzelnen Einkommensquellen
eine ungleich größere Bedeutung, als ihr nach dem bestehenden Einkommen-
steuergesetze zukommt. ... .. Bei den Gewerbetreibenden müßten künftig
die Ertrügnisse des Gewerbebetriebs von den Erträgen der aus dem Geschäft
gezogenen Vermögensteile scharf unterschieden werden — weil erstere nur
nach Abzug des persönlichen Verdienstes, letztere in vollen Umfange der
Ergänzungssteuer nach dem Maßstabe des Vermögensertrags unterliegen
würden. Sehr viele Deklaranten unterscheiden nicht zwischen Tantieme und
Aktiendividenden, sondern geben beide Arten von Bezügen in ungetrennter
Summe an. Tür die Veranlagung zur Einkommensteuer ist diese Unter-
scheidung auch ohne erhebliches Interesse. Da aber die Ergänzungssteuer
nach Maßgabe der Vermögenserträge nur die Aktiendividenden, nicht auch
die Tantiemen treffen soll, so würde künftig eine genauc, in der Praxis fast
undurchführbare Unterscheidung nötig sein. Beispiele dieser Art ließen
sich noch viele anführen.
„Nicht unerwähnt darf weiterhin bleiben, daß durch die Bemessung
der Ergänzungssteuer nach dem Vermögensertrage die Besitzer kleinerer
Vermögen, welche genötigt sind, auf Kosten der Sicherheit eine höhere
Rente zu erzielen, härter getroffen werden, als die Besitzer größerer Ver-
mögen, die sich bei sicherer Vermögensanlage mit einer geringeren Rentabili-
tät begnügen können. Geht man von dem Erfahrungssatze aus, daß sich die
Verzinsung eines Kapitals nach der Sicherheit der Kapitalanlage richtet,
so kommt man überhaupt zu dem Ergebnis, daß die Erträgnisse eines und
desselben Kapitals bei Veranlagung der Eirgänzungssteuer nach Maßgabe
des Vermögensertrages um so höher besteuert werden, je unsicherer das
Kapital angelegt ist. Ein solches Ergebnis kann im Hinblick darauf, daß
die höheren Erträge trotz ihrer relativen Unsicherheit schon von der Ein-
kommensteuer stärker getroffen werden als die zwar geringeren, dafür aber
um so sichereren Erträge, nicht als befriedigend gelten.
„Eine engere Bindung der Ergänzungssteuer an die Einkommensteuer
ist auch steuerpolitisch nicht unbedenklich. \Wenn ein Beitragspflichtiger
die Neigung hat, sich eine möglichst niedrige Besteuerung zu sichern und
sich dessen bewußt ist, daß die Einschätzung zur Einkommensteuer von
maßgebender Bedeutung ist auch für die Höhe der KErgänzungssteuer, so
wird hierdurch der Anreiz zu falscher Deklarierung des Einkommens ge-
mehrt. Dieses Bedenken fällt weg, wenn man mit der Regierungsvorlage
die Ergänzungssteuer von der Einkominensteuer unabhängig macht.“
Auch bestritt die Regierung, daß eine im Rahmen der Ein-
kommensbesteuerung zu entrichtende Abgabe von fundierten
Bezügen für die Steuerpflichtigen weniger lästig sei als die
Erhebung der allgemeinen Vermögenssteuer. Vielmehr werde
— so meinte sie — ‚die Sonderung des fundierten vom uniun-
dierten Einkommen, wenn sie wirklich korrekt erfolgen solle,
oft ein ebenso tiefes, nach Befinden sogar noch tieferes Ein-
dringen in die Privatverhältnisse erfordern, wie die genaue jH"est-
stellung des steuerbaren Vermögens.“ Auch hob die Regierung
hervor, daß für die Vermögenssteuer im allgemeinen keine
neuen Einrichtungen geplant seien, ‚vielmehr alle der Ein-
kommensteuer dienenden Einrichtungen auch der Vermögens-
steuer dienstbar gemacht werden sollten, so daß irgendwie
nennenswerte Kosten durch die Verwaltung dieser Steuer nicht
entstehen würden“ (Ber. I 1901/02 Nr. 126 S. 7££.).
Alle diese Gründe sowie noch weitere, die vorzugsweise
gegen eine an die Einkommensteuer angegliederte, auf die aus
beweglichem Vermögen (Kapital) fließenden Einkünfte be-