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Indessen stehen diesem Verfahren auch mancherlei Be-
denken gegenüber. So zunächst Bedenken in bezug auf die
reinen Kapitaleinkünfte, die tatsächlich mehr als 4%% erbringen.
Denn was über 4% hinausläge, würde ja nur -— obgleich
fundiert — der Einkommensteuer für unfundierte Bezüge ver-
fallen und daher niedriger zu belasten sein. Jedoch wäre dieser
Übelstand im Grunde nicht so erheblich als es scheint. Denn
nimmt man an, daß heute sichere Renten nur bis zu 4%
im allgemeinen zu erzielen sind und daß das, was über 4%
hinausliegt, eben eine Risikoprämie in sich schließt, so möchte
es nicht ganz ungerechtfertigt sein, das, was über jene Grenze
hinausgeht, auch niedriger zur Steuer heranzuziehen. Anderer-
seits muß es unerwünscht sein, daß derjenige, der z. B. Renten
aus nur zu 200 verzinslichem Vermögen und daneben noch Ar-
beitseinkommen bezieht (Grundbesitzer usw.), nach jenem Ver-
fahren (III) auch letzteres ganz oder doch zum Teil nach dem
für die fundierten Bezüge geltenden hohen Satze zu versteuern
hätte. Auch dürfte es große Schwierigkeiten bieten, die von
fundierten einerseits, von nichtfundierten Einkünften anderer-
seits zu zahlenden Steuersätze im allgemeinen und insbesondere
dann in ein gerechtes Verhältnis zueinander zu setzen, wenn
infolge hoher Steuerlast beide Arten von Bezügen progressiv
zu belasten sind. Endlich sei noch die Schwierigkeit erwähnt,
in befriedigender Weise festzusetzen, welche Objekte als nicht
Ertrag gebendes Vermögen lediglich jener Vermögenssteuer,
und welche der kombinierten Vermögenseinkommensteuer zu
unterwerfen wären, da ja manche Objekte hier Früchte bringen,
dort oder zu anderer Zeit dagegen nicht, wie z. B. Gärten,
Mietshäuser usw. So dürfte also bei jenem projektierten Ver-
fahren (III) noch mancherlei zu erwägen sein, bevor es rätlich
erscheint, dasselbe einzuführen.
Das bisher Erörterte führt uns endlich zu der Schlußfrage:
welche der hier betrachteten drei Kombinationen von Einkom-
men- und Vermögenssteuern (I. deutsches, II. schweizerisches,
III. projektiertes neues Verfahren) verdient wohl den Vorzug?
Diese Frage läßt sich nicht allgemein beantworten, die
Entscheidung derselben wird vielmehr von den verschiedenen
Verhältnissen der einzelnen Länder'abhängen. Für Deutschland,
wo die Vermögenssteuer nur zur Ergänzung zu dienen hat und
daher sehr niedrig bemessen ist, möchte jenem deutschen Ver-
fahren (I) der Vorzug gegeben werden, während für schweize-
rische Verhältnisse, wo der .Vermögenssteuer im allgemeinen
mehr die Funktion einer Hauptsteuer zukommt und diese da-
her sehr hoch ist, jene anderen Verfahren (II und III) als am
zweckmäßigsten erscheinen. Denn bei.einem so mäßigen Steuer-
satz wie z. B. :1/,0/,, in Preußen und Sachsen kommen die den
Vermögenssteuern an sich anhaftenden Mängel nur sehr un-
erheblich zur Geltung. |