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Von dem Ertrage der für Rechnung des Norddeutschen
Bundes resp. des Deutschen Reiches erhobenen indirekten
Steuern erhielt Sachsen zunächst nur gewisse Quoten als Ver-
gütung für die Erhebungs- und Verwaltungskosten. Dies
dauerte bis 1879. Mit diesem Jahre trat eine fundamentale
Änderung ein. Aus dem Gesamterträgnis der Zölle, Tabak-
und Branntweinsteuern, sowie der Reichsstempelabgaben sind
nämlich noch Überweisungen an die Bundesstaaten hinzuge-
kommen. Diese erfolgen in der Weise, daß ‚derjenige Ertrag
der Zölle und der Tabaksteuer, welcher die Summe von 130
Millionen Mark in einem Jahre übersteigt, den einzelnen Bun-
desstaaten nach Maßgabe der Bevölkerung, mit welcher sie
zu den Matrikularbeiträgen herangezogen werden, zu über-
weisen ist“1). Die Reinerträge der Reichsstempelabgaben und
der Branntweinsteuer aber erhalten die einzelnen Bundesstaa-
ten ungekürzt nach Maßgabe der Bevölkerung, mit der sie zu
den Matrikularbeiträgen herangezogen werden, überwiesen.?)
Fassen wir das ziemlich komplizierte Abrechnungsverhält-
nis zwischen Reich und Gliedstaaten kurz zusammen, so erheben
die Einzelstaaten die Zölle, Tabak- und Branntweinsteuern, so-
wie die Reichsstempelabgaben für Rechnung des Reiches. Das
Reichsschatzamt stellt dann nach der Gesamtsumme jener
Steuern diejenigen Beträge fest, die den Einzelstaaten zu über-
weisen sind und bringt hiervon wieder den von letzteren zu
leistenden Matrikularbeitrag in Abzug. Das Ergebnis dieser Hin-
und Herrechnung stellt dann die Beträge dar, die die Einzel-
staaten an das Reich zu leisten cder von ihm zu erhalten, haben.
Es sei noch bemerkt, daß das finanzielle Verhältnis der
Bundesstaaten zum Reiche heute eine der schwächsten Seiten
in der Finanzwirtschaft der Einzelstaaten bildet, indem die-
selben heute vom Reiche nichts mehr wie früher erhalten, son-
dern für dasselbe in immer steigender Tendenz finanzielle Opfer
zu bringen haben.3) —
14. Juni 1900. Vgl. (bezüglich der Kauf- und sonstigen Anschaflungs-
geschäfte) Reichsges. vom 29. Mai 1885, ferner die Gesetze vom 27. April
1594 und 14. Juni 1900.
Bezüglich der Wechselstempelsteuer vgl. Ges. vom 10. Juni 1369, ab-
geändert durch das Reichsges. vom 4. Juni 1879. (S. im übrigen Laband,
Staatsrecht des Deutschen Reiches, 4. Aufl. 1901, 4. Bd. S. 392 ff.).
ı) 8 8 des Gesetzes, betr. den Zolltarif des deutschen Zollgebiets....,
vom 15. Juli 1879. Diese Bestimmung wird bekanntlich die „Franken-
stein’sche Klausel“ genannt.
:) $ 55 des Ges., betr. die Erhebung von Reichsstempelabgaben, vom
1. Juli 1881, ferner $ 39 des Ges., betr. die Besteuerung des Branntweins,
vom 24. Juni 1837.
3) Im Voranschlag für das Jahr der Finanzperiode 1902/03 war der
Betrag von Mk. 1,500,000 zur Deckung des Mehrerfordernisses an Matrikular-
beiträgen gegenüber dem Anteile Sachsens an den Überweisungssteuern ein-
gestellt. Nach dem Rechenschaftsberichte auf die Finanzperiode 1900/01
überstiegen die Matrikularbeiträge den Anteil Sachsens an Überweisungs-
steuern sogar um Mk. 4,470,943, d. h. um Mk. 2,238,471,50 gemeinjährie.