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zuhalten, jedoch dabei gleichzeitig den Gründen, welche für die Veränderlich-
keit derselben sprechen, nicht aller und jeder Einfluß auf einmal abzu-
schneiden sein.)
So viel von der eigentlichen Grundsteuer. —
Bevor auf die Abschätzung der Gebäude näher eingegangen
wird, empfiehlt es sich, mit Rücksicht auf den innigen Zusam-
menhang mit der ländlichen Grundsteuer, noch mit wenigen
Worten der nach $ 39 der Verfassung den bisher steuerfreien
Grundbesitzern gewährten Grundsteuerentschädigungen
zu gedenken.
Wie in der Einleitung dieser Arbeit angedeutet, war die all-
gemeine ländliche Grundbesteuerung auch in Sachsen von den
Steuerfreiheiten des privilegierten, des geistlichen, namentlich
aber des ritterschaftlichen Grundbesitzes durchbrochen. Diese
ritterschaftlichen Privilegien waren in der Hauptsache das Kor-
relat der ursprünglichen Ritterdienstpflichten und insofern wohl
ganz berechtigt. Mit dem Fortfall jener Wehrdienstpflichten
bei Einführung des modernen Heeres fiel natürlich auch der
Rechtsgrund der Steuerfreiheiten, die nunmehr als eine Unge-
rechtigkeit auf Kosten der übrigen Steuerzahler erscheinen
mußten. Daher finden wir auch in Sachsen früh schon Anläufe
zur Beseitigung solcher Privilegien, aber erreicht wurde dieses
Ziel, wie in anderen Staaten?), erst unter dem Siegeszuge des
modernen Grundsatzes der staatsbürgerlichen Gleichheit und
unter dem Drucke stetig steigender Steuerlasten.
Als Gegenleistung für die Aufhebung der Steuerfreiheiten
ist freilich aus Billigkeitsgründen die Gewährung von Entschä-
digungen aus Staatsmitteln geboten, jedoch nur dann, wenn die
infolge seit sehr langer Zeit unverändert fortbestehenden Grund-
steuern reallastähnlichen Charakter angenommen haben. Und
dies durfte man bei der bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen-
den Grundbesteuerung in Sachsen annehmen. Wo aber die
Grundsteuern reallastartige Gestaltung gewonnen haben, wird
in der Regel ein Einfluß auf den Kapitalwert der steuerfreien
Grundstücke anzunehmen sein, d. h. es wird dieser Wert even-
tuell bis um den Betrag der kapitalisierten, sonst etwa zu
tragenden Grundsteuer gestiegen sein. Eine Belastung jener
Grundstücke mit Grundsteuern würde dann umgekehrt deren
Kapitalwert um den Betrag der kapitalisierten, neu auferlegten
Grundsteuern herabzumindern tendieren. Dies würde tatsäch-
lich einer Vermögenskonfiskation gleichkommen und wäre daher
von dem Gesichtspunkte der sozialen Gerechtigkeit aus zu ver-
1) Namentlich die I. Kammer trat mit Wärme für die Unveränder-
lichkeit der Grundsteuern ein. Und dies ist ja auch leicht erklärlich, da
in der I. Kammer vorzugsweise der Großgrundbesitz vertreten ist. Vgl.
den Deputationsbericht der I. K. in den L.-A. 1842/43, Beil. der I. K.
2. Bd. S. 278.
2) So. z. B. in Preußen durch die Gesetzgebung vom 21. Mai 1861.