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tungsarten, bei welchen namentlich Futterbau und Viehhal-
tung eine Rolle spielen, immer mehr veraltet und hinfällig
geworden.
Hiernach ist es ganz natürlich, daß die Reinerträge des
Grund und Bodens seit der Ureinschätzung, und zwar erheblich,
gestiegen sind.)
Um nun die Grundsteuerkataster auch nur annähernd auf
der Höhe der Zeit zu erhalten, wäre eine vollständige Neu-
regelung der Grundsteuer von Zeit zu Zeit notwendig. Solche
in kürzeren Zeiträumen vorzunehmenden Neukatastrierungen
sind aber bekanntlich wegen großsen Kosten- und Zeitaufwan-
des und dann wegen jener aus reallastartigen Gestaltungen
sich ergebenden mißlichen Folgen praktisch nicht oder kaum
durchführbar.?)
In direktem Gegensatze zu jenen den Zeitverhältnissen
nur wenig entsprechenden Durchschnittsannahmen des Grund-
besitzes wurden z. B. bei den Beamten die wirklichen, tat-
sächlichen Einkommen mit einer progressiven Steuer belastet.
Ahnlich stand es mit der Kapitalrentensteuer, wo die Be-
züge jährlich fatiert und daher annähernd wenigstens die tat-
sächlich jeweilig erzielten Erträge erfaßt wurden.
Und nun erst die Gewerbesteuer. Hier stand es zweifel-
los am allerschlimmsten. Denn hier hatte man zur Ermitte-
lung der Gewerbeerträge die denkbar mannigfaltigsten Grund-
sätze zur Anwendung gebracht. Wo, wie z. B. bei den Hand-
werkern, nach Namen und Charakter des bezüglichen Gewer-
bes einerseits, nach der Größe der Ortschaft andererseits ab-
gestuite feste Sätze zu zahlen waren, wurde natürlich dem
Grundsatze der Leistungs- und Steuerfähigkeit ganz unge-
nügend Rechnung getragen, während z. B. bei der Einschät-
zung der Fabrikanten durch ihre eigene Mitwirkung in Form
jener „steuergesellschaften“ in gewissem Grade wenigstens
ein subjektives Element zur Geltung kam. Jedenfalls aber
wurden die Gewerbeerträge nicht mit solcher Sicherheit zur
Steuer herangezogen als z. B. das Beamteneinkommen.
Ohne die wiederum verschiedenen Abschätzungsmodali-
täten der Gebäude näher ins Auge zu fassen, dürfte das bis-
her Erörterte zur Genüge die Vielgestaltigkeit des Bodens,
auf welchem die einzelnen Ertragskataster beruhten, dargetan
haben. Hieraus folgt aber auch, daß die einzelnen Berufs-
klassen ganz ungleichmäßig belastet waren, und daß das Ver-
hältnis der tatsächlichen Belastung der Grundbesitzer zu den
1) Belege hierfür bei H. v. Nostitz, Grundzüge der Staatssteuern,
S. 51.
2) In Sachsen z. B. kostete die Herstellung der Grundsteuerkataster
2454816 M. Vgl. die angeführte Darstellung vom Finanzministerium von
1868, S. 38.