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Gewerbe- und Personalsteuerpflichtigen generell nicht mit ge-
nügender Sicherheit festzustellen war.
Am bedenklichsten jedoch traten, wie schon gesagt, die
Folgen der „Ungleichwertigkeit“ der Erträge der einzelnen
Erwerbsarten bei Steigerung der Steuerlasten zutage. Denn
wenn z. B. die Grundsteuer so und so viel betrug, um wieviel
war dann die Gewerbe- und Personalsteuer zu erhöhen? Und
wie sollte nun die Grundsteuer zur Gewerbe- und Personal-
steuer in ein gerechtes Verhältnis gesetzt werden? Das sind
Probleme, die sich überhaupt nicht in befriedigender Weise
lösen lassen, denn es fehlt an. einer einheitlichen Basis für die
Vergleichung der verschiedenen Belastungen und somit auch
an einem richtigen Maßstab für die Festsetzung der Höhe der
bei Bedarf notwendigen Zuschläge zu den verschiedenen Steuer-
kategorien. Hieraus folgt aber auch, daß in solchem Falle
weniger die Gerechtigkeit als vielmehr die Macht der politi-
schen Parteien der entscheidende Faktor sein wird.
Mit Rücksicht sowohl auf die Höherbelastung des Grund-
besitzes gegenüber den anderen Erwerbsquellen als auch auf
den mächtigen Aufschwung von Handel und Industrie schien
es bei erhöhtem Steuerbedarf der Regierung und den Ständen
am angemessensten, die Gewerbe- und Personalsteuerpflich-
tigen mit viel höheren Zuschlägen zu belasten als die Grund-
besitzer. So erhob man in der Zeit von 1849—1869 fünfmal
Zuschläge von je rund 22 und achtmal von je rund 11% zur
Grundsteuer, dagegen viermal Zuschläge von je 100, einmal
einen solchen von 80, fünfmal von je 50 und dreimal von je
400% zur Gewerbe- und Personalsteuer.!) Von dem Gesamt-
betrag der Zuschläge kamen:
im Jahre 1849 1859 1869
auf die Grundsteuer 46,4 38,1 28,9%,
auf die Gewerbe- und Personalsteuer 53,6 61,9 71,1%
Die Gewerbe- und Personalsteuerpflichtigen fühlten sich
natürlich jedesmal durch ihre höheren Zuschläge den Grund-
besitzern gegenüber ungerecht hoch belastet, während die
letzteren behaupteten, daß sie dem Handel und der Industrie
gegenüber prägraviert seien. Der hierdurch heraufbeschworene
unerquickliche Interessenstreit zwischen Stadt und Land war
ein auf die Dauer unerträglicher Zustand und mußte mit Not-
wendigkeit zu einer gerechteren Form der Besteuerung, nämlich
zur Einführung der allgemeinen Einkommensteuer führen. —
Die bisher geschilderten Mängel der sächsischen Besteue-
rung sind mehr allgemeiner Natur. Es sind aber auch Klagen
über speziellere Übelstände der damaligen Steuern in Sachsen
erhoben worden. Hiervon soll nun im folgenden die Rede sein.
1) Vgl. Tabelle II und III auf S. 67 u. 68.