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In diesem Bericht wird zugegeben, „daß einzelne Bezirke durch
nördliche Abdachung, stärkeren Dünger- und Samenaufwand,
Haftsteine und höheren Arbeitslohn geringere Getreideerträg-
nisse erzielen, als die Geschäftsanweisung angenommen hat.
Allein ganz abgesehen davon, daß diese Übelstände selten ver-
eint auftreten, so müssen die Vorteile gegengerechnet werden,
auf welche die Geschäftsanweisung keine Rücksichten nimmt,
z. B. lohnender Absatz der Milchprodukte, gestiegene Getreide-
preise, Kartoffel- und Flachsbau.“ — Die Deputation erklärte
sich daher gegen die Anträge auf veränderte Einschätzung der
Gebirgsgegenden.
Auch sind Klagen darüber erhoben worden, daß die Be-
rechnung der Normalroggenpreise für die Gebirgsgegenden
nicht auf den Preisen des geringwertigeren, in diesen Landes-
teilen produzierten, sondern auf denjenigen des auswärtigen
teuereren Roggens beruhte. Dies habe natürlich zur Folge,
daß die Normalpreise und die Steuereinheitenzahl unverhält-
nismäßig hoch angesetzt worden sind. Diese Beschwerden waren
wohl im allgemeinen von Fachleuten als berechtigt anerkannt
worden.
Als weiterer Übelstand der Grundsteuerveranlagung wurde
angeführt, daß die Verschiedenheit der Normalroggenpreise
auch unter der Voraussetzung ihrer Richtigkeit Unbilligkeiten
in bezug auf die anderen Bodenprodukte als Getreidearten
bedinge, da diese Erzeugnisse, in Roggenwert umgerechnet,
bei Annahme eines höheren Normalroggenpreises auch höhere
Erträge rechnerisch zur Folge haben müssen. Auch diese Be-
schwerde war als begründet anerkannt worden. —
Bis zur Steuerreform im Jahre 1878 ist eine Grundsteuer-
revision von verschiedenen Seiten vielfach befürwortet wor-
den. Es scheint jedoch überflüssig, hierauf näher einzugehen,
es sei vielmehr nur bemerkt, daß die sonst geltend gemach-
ten Angriffe gegen die Abschätzung des Grund und Bodens
mit den bisher erörterten in enger Beziehung stehen.t)
Als im Jahre 1878 die Grundsteuer bis auf über die Hälfte
des Normalsatzes, nämlich von 9 Pfg. auf 4 Pfg. pro Steuer-
einheit herabgesetzt wurde, so verloren hiermit jene Mängel
der Grundsteuerveranlagung zugleich an Schärfe. Dagegen
wurden freilich Klagen nach anderer Richtung laut. Da näm-
lich der Grund und Boden, sowie die Gebäude außer von jener
restlichen Grundsteuer noch von der allgemeinen Einkommen-
steuer seit 1878 belastet werden, die anderen Besitz- und Ver-
1) Die Reformbedürftigkeit der Grundsteuer ist insbesondere in den
langjährigen Landtagsverhandlungen über die Einführung der Einkommen-
steuer unumwunden anerkannt worden. Vgl. u. a. den mit Dekret No. 28
vom 15. Dezbr. 1371 den Ständen vorgelegten Entwurf, sowie die Vorlage
vom 1. Novbr. 1873; ferner Deputationsbericht der I. Kammer vom 14. Jan.
1873. Näheres namentlich auch bei H. v. Nostitz, a. a. O. 8. 39 ff.