Full text: Die direkten Staatssteuern im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensteuer.

19 
Grundsteuer aber nur zu einem Teile in eine solche zu verwandeln, dagegen 
einen Teil der letzteren wenigstens zurzeit noch zu erhalten und durch ver- 
besserte Abschätzung wieder brauchbar zu machen. Es ist dies derselbe 
Weg, der im Jahre 1868 in der Revisionskommission eine Mehrheit von 
Stimmen auf sich vereinigt hatte, nur daß dort von den Vertretern der 
Landwirtschaft ein für diese weit weniger günstiges Verhältnis proponiert 
wurde, den Vertretern der Industrie aber selbst dieses als eine zu große 
Konzession erschien; — derselbe, den man im Herzogtum Altenburg zur 
Reform einer mit der unsrigen gleichen Gesetzgebung mit Glück betreten 
hat, nur daß dort das Präzipuum des Grundbesitzes °/, der früheren Grund- 
steuer beträgt, während hier etwa '/, vorgeschlagen wird; — derselbe end- 
lich, der neuerdings auch von namhaften Stimmen in der Wissenschaft 
empfoblen wird, um ohne jähen Sprung und ohne Verletzung der Billigkeit 
zu einer allgemeinen Einkommensteuer zu gelangen... ... Wenn es wahr 
ist, daß die Grundsteuer das Einkommen aus Grundbesitz prozentual etwa 
dreimal so hoch belastet wie die Gewerbe- und Personalsteuer das sonstige 
Einkommen, so bringt dieser Vorschlag eine Erleichterung des Grundbesitzes 
mit sich, wie sie in der Geschichte der Stevergesetzgebung aller deutschen 
Staaten wohl ohne Beispiel ist. Er bedingt zugleich die Erhaltung der in 
ihrem Werte doch nicht zu unterschätzenden Parzellarkataster in ver- 
besserter Form. Er mildert ferner auf die einfachste und zweckmäßigste 
\Weise das Prinzip der Progression, welches bisher dem Grundbesitze günz- 
lich fremd gewesen ist und daher hier besonders stark empfunden werden 
würde. Es ist endlich unter den obwaltenden Umständen der einzige Weg 
zur baldigen Einführung einer allgemeinen Klassen- und Einkommensteuer, 
die den Namen einer ‚allgemeinen‘ wirklich verdient.“ 
Die Deputationsminderheit der II. Kammer dagegen 
hatte ihre Ansicht nicht geändert, sondern hielt nach wie vor 
„noch die reine Einkommensteuer für das richtigste Steuer- 
system, trat aber in gleicher Weise, da dasselbe voraussicht- 
lich zurzeit nicht zu erreichen, dem in den Vorschlägen der 
I. Kammer enthaltenen Prinzip bei, die wahrscheinlichen durch- 
schnittlichen mittleren Erträge der Steuerobjekte bei 
gewöhnlicher Benutzung derselben zur Besteuerung zu ziehen, 
außerdem aber eine Einkommensteuer einzuführen“ (Be- 
richt vom 27. Februar 1873). 
Im Plenum der II. Kammer aber fand der Antrag der De- 
putationsmajorität Annahme. Hiernach sollte die Grundsteuer 
zu ungefähr einem Drittel ihrer bisherigen Höhe beibehalten 
und daneben eine Klassen- und Einkommensteuer eingeführt 
werden. 
Gegen Schluß des Landtags 1872/73 kam die Sache noch 
in das Einigungsverfahren. Dasselbe ergab als positives Er- 
gebnis die Annahme des vom Finanzminister ausgehenden An- 
trags, „die Regierung zu ersuchen, der nächsten Ständever- 
sammlung einen Gesetzentwurf behufs Einführung einer all- 
gemeinen Klassen- und Einkommensteuer vorzulegen“. „Neben 
der Klassen- und Einkommensteuer“ — so hieß es da — „ist 
die Grund- und Gewerbesteuer beizubehalten. Beide werden 
zur Befreiung von ihren wesentlichen Mängeln und, um ein 
möglichst richtiges Verhältnis zwischen beiden herzustellen, 
einer Revision unterworfen. Für jede Finanzperiode wird durch 
Gesetz festgestellt, welcher Teil des Bedarfs auf die Grund-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.