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Grundsteuer aber nur zu einem Teile in eine solche zu verwandeln, dagegen
einen Teil der letzteren wenigstens zurzeit noch zu erhalten und durch ver-
besserte Abschätzung wieder brauchbar zu machen. Es ist dies derselbe
Weg, der im Jahre 1868 in der Revisionskommission eine Mehrheit von
Stimmen auf sich vereinigt hatte, nur daß dort von den Vertretern der
Landwirtschaft ein für diese weit weniger günstiges Verhältnis proponiert
wurde, den Vertretern der Industrie aber selbst dieses als eine zu große
Konzession erschien; — derselbe, den man im Herzogtum Altenburg zur
Reform einer mit der unsrigen gleichen Gesetzgebung mit Glück betreten
hat, nur daß dort das Präzipuum des Grundbesitzes °/, der früheren Grund-
steuer beträgt, während hier etwa '/, vorgeschlagen wird; — derselbe end-
lich, der neuerdings auch von namhaften Stimmen in der Wissenschaft
empfoblen wird, um ohne jähen Sprung und ohne Verletzung der Billigkeit
zu einer allgemeinen Einkommensteuer zu gelangen... ... Wenn es wahr
ist, daß die Grundsteuer das Einkommen aus Grundbesitz prozentual etwa
dreimal so hoch belastet wie die Gewerbe- und Personalsteuer das sonstige
Einkommen, so bringt dieser Vorschlag eine Erleichterung des Grundbesitzes
mit sich, wie sie in der Geschichte der Stevergesetzgebung aller deutschen
Staaten wohl ohne Beispiel ist. Er bedingt zugleich die Erhaltung der in
ihrem Werte doch nicht zu unterschätzenden Parzellarkataster in ver-
besserter Form. Er mildert ferner auf die einfachste und zweckmäßigste
\Weise das Prinzip der Progression, welches bisher dem Grundbesitze günz-
lich fremd gewesen ist und daher hier besonders stark empfunden werden
würde. Es ist endlich unter den obwaltenden Umständen der einzige Weg
zur baldigen Einführung einer allgemeinen Klassen- und Einkommensteuer,
die den Namen einer ‚allgemeinen‘ wirklich verdient.“
Die Deputationsminderheit der II. Kammer dagegen
hatte ihre Ansicht nicht geändert, sondern hielt nach wie vor
„noch die reine Einkommensteuer für das richtigste Steuer-
system, trat aber in gleicher Weise, da dasselbe voraussicht-
lich zurzeit nicht zu erreichen, dem in den Vorschlägen der
I. Kammer enthaltenen Prinzip bei, die wahrscheinlichen durch-
schnittlichen mittleren Erträge der Steuerobjekte bei
gewöhnlicher Benutzung derselben zur Besteuerung zu ziehen,
außerdem aber eine Einkommensteuer einzuführen“ (Be-
richt vom 27. Februar 1873).
Im Plenum der II. Kammer aber fand der Antrag der De-
putationsmajorität Annahme. Hiernach sollte die Grundsteuer
zu ungefähr einem Drittel ihrer bisherigen Höhe beibehalten
und daneben eine Klassen- und Einkommensteuer eingeführt
werden.
Gegen Schluß des Landtags 1872/73 kam die Sache noch
in das Einigungsverfahren. Dasselbe ergab als positives Er-
gebnis die Annahme des vom Finanzminister ausgehenden An-
trags, „die Regierung zu ersuchen, der nächsten Ständever-
sammlung einen Gesetzentwurf behufs Einführung einer all-
gemeinen Klassen- und Einkommensteuer vorzulegen“. „Neben
der Klassen- und Einkommensteuer“ — so hieß es da — „ist
die Grund- und Gewerbesteuer beizubehalten. Beide werden
zur Befreiung von ihren wesentlichen Mängeln und, um ein
möglichst richtiges Verhältnis zwischen beiden herzustellen,
einer Revision unterworfen. Für jede Finanzperiode wird durch
Gesetz festgestellt, welcher Teil des Bedarfs auf die Grund-