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38. Bei der Gewerbe- und Personalsteuer (D) sollte
belastet werden ‚der mutmaßliche jährliche Ertrag des in
Handel und Gewerbe oder gegen Leihzins angelegten Ver-
mögens, sowie von Rentenberechtigungen aller Art, ingleichen
der Unternehmergewinn, sowie der persönliche Arbeitsverdienst
aller Art, den der einzelne Beitragspf£lichtige innerhalb Jahres-
frist mutmaßlich erwirbt...“ „Die Grundlage für die Be-
rechnung des mutmaßlichen Ertrags bildet, insofern es sich
nicht um feststehende Einnahmen handelt, welche nach ihrem
vollen Betrag zurzeit der Abschätzung in Ansatz zu bringen
sind, der während des vorhergegangenen Jahres wirklich er-
zielte Ertrag derselben.“ Daneben sollte eine strenge Dekla-
rationspflicht Platz greifen.
Schuldzinsenabzug war nirgends gestattet. Die Ab-
schätzung sollte bei der Grundsteuer aller zwölf, bei der Ge-
bäudesteuer aller sechs und bei der Gewerbe- und Personal-
steuer aller zwei Jahre vorgenommen werden. Bei allen drei
Ertragssteuern sollte der Ertrag bzw. das Einkommen in Steuer-
einheiten ausgeworfen werden.
4. Die Einkommensteuer (E) sollte erst bei 400 Taler
Einkommen beginnen und zwar mit !/, des bei 3000 Talern zu
erreichenden Normalsteuerfußes. —
Die II. Kammer hatte für die Steuerreformfrage eine
außerordentliche Deputation niedergesetzt, die sehr bald zu
der einhelligen Überzeugung gelangte, daß die Regierungs-
entwürfe für die Grund- und Gebäude-, sowie für die Gewerbe-
und Personalsteuer en bloc zu verwerfen sind. Denn man hatte
eben von vornherein Abneigung gegen das Prinzip der Ertrags-
Steuern. Und so wandte man sich der Einkommensteuer zu.
Hier zeigte es sich, daß man wohl in dem Gedanken, die Ein-
kommensteuer einzuführen, vollkommen einig war, bezüglich
dessen aber, was mit der Grund-, Gewerbe- und Personal-
steuer anzufangen sei, standen sich die Ansichten schroff gegen-
über. So machte man u. a. schon damals den Vorschlag, als
Ersatz der aufzuhebenden direkten Steuern außer der Ein-
kommensteuer zugleich ergänzend eine Vermögenssteuer
einzuführen.
„Der Gedanke“, so heißt es in jenem Deputationsberichte der II. Kam-
mer, „eine Vermögenssteuer mit der Einkommensteuer zu ver-
binden, ist bereits in dem Berichte der II. Kammer beim vorigen Landtage
berührt. Er gründet sich auf die Erkenntnis, daß das Einkommen an und
für sich, ohne Rücksicht auf seine Quellen, einen vollständig zutreffenden
Maßstab für die Leistungsfähigkeit des Steuerzahlers nicht zu bieten ver-
mag; daß das aus vererblichem Besitz mühelos bezogene Einkommen bei
gleicher Höhe eine ungleich höhere Steuerkraft besitzt, als der lediglich auf
der persönlichen Arbeitskraft beruhende Erwerb; daß die Lage desjenigen,
welcher aus verpachteten Grundstücken oder aus Staatspapieren und Priori-
täten eine Rente von 2000 Talern bezieht, eine weitaus günstigere ist, als
die des Arztes oder Advokaten mit gleichem Einkommen, welcher, wenn er
für das eigene Alter und für die Zukunft seiner Angehörigen nur einiger-
Hoffmann, Staatssteuern. 6