Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

118 Im Reichstage (1870 bis 1874) 
vertreten, der wir, die gewählten Vertreter des deutschen Volks, das Ver- 
dienst zuerkennen müssen, zuerst unter allen Völkern des Kontinents jene 
großen Gedanken politischer Freiheit zum Ausdruck gebracht zu haben, 
auf welchen der moderne Staat beruht. 
Die Erinnerung an diese Tatsache werde ich festhalten in meinem 
neuen Berufe und zugleich die Instruktion befolgen, die mir in Ihrem 
Namen der geehrte Redner gegeben hat, die Instruktion, die Erinnerung 
an die treuen Freunde zu bewahren. 
Journal. 
Berlin, 28. Mai 1874. 
Gestern war ich bei der Fürstin Bismarck, mit der ich von ihrer 
Konversation mit dem Großherzog sprach. Sie sagt, daß Bismarck davon 
nichts wisse, und bedauert, daß der Großherzog über diese Sache mit zu 
vielen Leuten gesprochen habe. Sie versprach mir, bei Bismarck die Sache 
so klarzustellen, wie sie ist, damit nicht Bismarck gegen mich das Miß- 
trauen bekommt, als habe ich mich an seine Stelle drängen wollen. 
Berlin, 2. Mai 1874. ) 
Heute hatte mich Bismarck auf 2 Uhr zu einer Besprechung bestellt. 
Ich fand mich pünktlich ein und wurde von der Fürstin empfangen, bis 
der Fürst fertig gerichtet war. Ich fand ihn in seinem Bette in weißer 
Nachtjacke liegend. Er sah ziemlich wohl aus und fing gleich an von 
Arnim zu sprechen; das nahm viel Zeit in Anspruch. Er wiederholte, 
was er mir schon früher gesagt hatte, daß er sich auf Arnim nicht ver- 
lassen könne und daß er es ihm selbst gesagt habe, daß er ihn nicht 
brauchen könne. Arnim wurde aber immer vom Kaiser gehalten. Als 
zuletzt der Kaiser zustimmte, ihn von Paris wegzutun, riet Bismarck, ihn 
nicht zur Disposition zu stellen, sondern nach Konstantinopel zu schicken, 
was Arnim annahm. Statt aber ruhig hinzugehen, fing er die Geschichte 
mit der Veröffentlichung des Briefes in der Wiener „Presse“ an und 
dann folgten alle weiteren Enthüllungen. 
Ueber Frankreich sagte er, daß wir vor allem dabei interessiert seien, 
daß Frankreich nicht so mächtig im Innern und so angesehen nach außen 
werde, um Verbündete zu gewinnen. Eine Republik und innere Wirren 
seien eine Garantie des Friedens. Eine starke Republik sei allerdings, das 
gebe er zu, für das monarchische Europa ein schlimmes Beispiel. Dennoch 
schien ihm, wie ich glaube verstanden zu haben, die Republik weniger 
gefährlich als die Monarchie, die im Ausland allerhand Unfug begünstige. 
  
1) Das Beglaubigungsschreiben war dem Fürsten am 29. April zugestellt worden.
	        
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