Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

136 Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 
sagte Bismarck: „Wenn Sie morgen den Antrag einbringen, so gebe ich 
Ihnen mein Ehrenwort, daß ich den Antrag stellen werde, Sie als Hoch- 
verräter zu arretieren.“ Darauf Vincke: „Ja, dann muß die Sache auf- 
gegeben werden.“ Bismarck: „Ja, sagen Sie das Ihrer Prinzessin,“ 
worauf Vincke lächelnd abging. Schon vorher hatte die Prinzessin mit 
Bismarck in einem Tone gesprochen, der ihm klarmachte, daß sie gegen 
ihren Mann intrigierte. 
Auf meine Frage, wie Bismarck mit dem Kaiser stehe, antwortete er: 
„Ganz gut. Es geht jetzt alles ganz glatt zwischen uns.“ 
Ueber Arnim äußerte er sich ganz ruhig. Ihm könne es ganz recht 
sein, wenn die Aktenstücke veröffentlicht würden. Nur der Kaiser werde 
dadurch bloßgestellt, und deshalb verhindere er es. 
Ich fragte Bismarck, ob ihm Giech und Reuß als Attachês in Paris 
recht seien. Er versprach mir, in dieser Beziehung alle meine Vorschläge 
zu genehmigen. 
Heute bei der Promenade sprachen wir über die Kirchenfrage. Der 
Kaiser, sagt Bismarck, könne keinen Schritt zurücktun. Dem Kronprinzen 
werde es leicht sein, Frieden zu machen. Die katholische Presse, auch die 
liberale, hätte den Streit verbittert. Wenn die Geistlichkeit von Rom 
angewiesen werde, Waffenstillstand zu machen, so würde sich alles leichter 
machen. Dazu sei keine Aussicht. Besonders müsse die Presse der Hetz- 
kapläne zur Ruhe gebracht werden. Darauf hinzuwirken ist jetzt nötig- 
Varzin, 24. Oktober 1874. 
Heute Spazierritt mit Bismarck, Tochter und Sohn. Dann Besich- 
tigung des Neubaus. Abends, nachdem ich mich schon verabschiedet hatte, 
kam Bismarck noch in mein Zimmer herauf und sagte mir, er habe eine 
Thronrede verfaßt, d. h. den Schlußsatz, betreffend die auswärtigen An- 
gelegenheiten, in welchem den Verdächtigungen entgegengetreten würde, 
mit welchen fremde Mächte die deutsche Reichsregierung verfolgten. Es 
werde ihm telegraphiert, daß der Kaiser diesen Schlußsatz als eine Drohung 
ansehe, das sei nicht der Fall, man dürfe aber die Versicherung, daß man 
keinen Krieg führen wolle, nicht in eine Form kleiden, die Furcht verrate. 
Wolle der Kaiser das abschwächen, so könne er, Bismarck, nicht daneben- 
stehen und eine Wendung gutheißen, die seinen Ansichten nicht entspreche. 
In diesem Falle werde er, und das soll ich Herrn von Bülow sagen, die 
Sache nicht ernst nehmen, aber irgendein Unwohlsein vorschützen und erst 
einige Tage später nach Berlin kommen. Bülow soll dem Kaiser sagen, 
daß Bismarcks Autoreneitelkeit zu groß sei, um diese Korrektur auf eigne 
Rechnung zu nehmen.
	        
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