142 Botschafter in Paris (1874 bis 1885)
bereden will und den ich bestimmen sollte, zu Orlow zu gehen. Der vor-
sichtige Spanier ging aber nicht darauf ein, denn er sagte, er wisse nicht,
wie der Kaiser Alexander gesonnen sei. Ich konnte ihm nur recht geben.
General Fleury begrüßte mich, worauf ich ihn anredete. Wir sprachen
über seine Reise mit dem Kaiser nach Salzburg!) und über Konstantin,
den er sehr rühmte. Es war ein eigentümliches Gemisch aller Arten von
merkwürdigen Leuten.
Paris, 13. Januar 1875.
Bei der heutigen Soiree im Elysée fand ich Gelegenheit, mit dem
Marschall Mac Mahon längere Zeit über die gegenwärtige Lage zu sprechen.
Er erwähnte die Ministerkrisis) und daß es für Broglie unmöglich ge-
wesen sei, jetzt einzutreten und sich sofort bei der Beratung der konsti-
tutionellen Gesetze einer Niederlage auszusetzen. Uebrigens, sagte er, habe
man noch Zeit zu Entschließungen bis nach der Beratung der Gesetze.
Ich sagte ihm: „Vous serez content, duand vous serez débarrassé des
lois constitutionnelles.“ Das gab er zu. Bis jetzt habe er daran fest-
halten müssen, wenn ihn aber die Versammlung davon dispensiere, so sei
es ihm auch recht. Es werde auch ohne die konstitutionellen Gesetze gehen.
Man werde dann vor allem suchen, ein besseres Wahlgesetz zu bekommen
und dann die Versammlung auflösen. Ich sagte: „Sie werden wohl die
Versammlung selbst die Auflösung beschließen lassen, was nicht schwer
sein wird, wenn die Regierung es will?“ Das bejahte er und fügte hinzu:
„Mais ce ne sera pas avant sixk mois.“ Jetzt würde die Beratung des
Budgets und vieler Gesetze noch Zeit brauchen. Er wiederholte mit Nach-
druck: „Pas avant six mois.“ Mir machte das ganze Gespräch den Ein-
druck, als wenn es dem Marschall eine besondere Befriedigung gewähre, Zeit
zu gewinnen und bis zu der Entscheidung noch Monate einer ruhigen
Existenz zu haben. Auf die konstitutionellen Gesetze zurückkommend, sagte
er, es sei allerdings schlimm, wenn nichts vorgesehen sei für die Nachfolge
für den Fall, daß er plötzlich sterbe. Aber, tröstete er sich dann wieder:
„Alors Tassemblée trouvera moyen de me remplacer.“ Ich schloß
das Gespräch mit dem Wunsche: „J'espère due le bon Dieu vous con-
servera à la France,“ worauf wir uns trennten.
Denselben Abend wurde ich auch der Königin Isabella vorgestellt,
die mir von der Liebenswürdigkeit des Prinzen Karl sprach. Dann fragte
ich sie, ob sie gute Nachrichten vom König habe, was sie bejahte. Es
1) Siehe Bd. [I S. 258.
2) Das Kabinett Cissey hatte am 6. Januar seine Entlassung gegeben infolge
einer Niederlage in der Kammer bei der Abstimmung über die Reihenfolge der
Beratungen.