Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 165
seien für Alfons. Was den Krieg betrifft, so sagt sie, Moriones würde
die Karlisten in die Berge treiben und die Ernten zerstören. Dann würden
die Karlisten sich nicht mehr halten können, weil sie nichts zu essen haben
würden.
Auf die Königin zurückkommend, sagte sie, die Königin habe sich dem
Papst gegenüber durch Briefe kompromittiert. Sie bedaure das, denn sie
sehe ein, daß die „unité catholique“ unmöglich sei. Auch die Königin
Christine sehe dies ein und sei der Ansicht, daß man der Zeit Rechnung
tragen müsse. Der Einfluß des Klerus sei nur im Norden groß, nicht
in den andern Provinzen. Wenn man die Karlisten besiegt habe, müsse
man die sämtlichen Pfarrer in die östlichen Provinzen von Spanien ver-
setzen und an ihre Stelle Pfarrer aus diesen Provinzen. Spanien sei
leicht zu regieren, man müsse nur die nötige Energie entwickeln.
28. Juni.
Nachdem ich gestern die Herzogin von Santoßa gebeten hatte, mich
bei der Königin Isabella zu melden, fuhr ich heute zu ihr. Ich mußte
lange im Salon warten, da kurz vor meiner Ankunft der spanische Bot-
schafter zur Königin gekommen war. Ich hörte lebhafte Konversation
zwischen der Königin und Molins im Nebenzimmer. Endlich kam die
Königin. Ich sagte ihr, daß ich mich bei ihr melde, weil die Herzogin
von Santoßa mir Aufträge von ihr ausgerichtet habe. „Oui, que me
conseille—- vous?“ sagte sie. Ich erwiderte, daß es für mich schwer sei,
ihr einen Rat zu geben. Einmal müsse ich als Botschafter vermeiden,
auf meine Regierung den Schein zu ziehen, als wolle sie sich in die spa-
nischen Angelegenheiten mischen, und dann sei ich auch noch nicht genügend
orientiert, um ein maßgebendes Urteil zu fällen. „Oh, le gouvernement
allemand sait tout,“ antwortete die Königin, „il sait ce qui se passe
dans tous les pays du monde.“ Ich erwiderte, da die Königin doch
noch Persönlichkeiten aus Spanien erwarte, so sei es wohl ratsam, deren
Ankunft, insbesondere die Ankunft von Moriones abzuwarten. Das schien
der Königin einzuleuchten. Ich sprach dann von der Herzogin von San-
ton und fragte, ob die Königin Vertrauen zu ihr habe. Das bejahte sie.
Sie sei allerdings geringer Herkunft, die Frau des Bankiers Manzanedo,
den der König erst zum Herzog von Santofßa gemacht habe, aber sie sei
sicher und kenne alle politischen Persönlichkeiten genau. Ich fragte dann
die Königin, was sie eigentlich machen wolle und ob sie nicht fürchte,
durch ihre Ankunft in Spanien Verwicklungen herbeizuführen. Darauf
sagte sie, sie wolle warten, bis der König sie rufe. Sie sei müde, Politik
zu treiben, sie wolle sich nicht einmischen. Wenn sie sich aber nützlich
machen könne und wenn der König ihres Rats bedürfe, so werde sie nach