Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 167 
zehnsousweise zusammengekommen sei. Die „République“ habe nur 
20 000 Franken, weil sie die doktrinäre Partei der Republik vertrete, 
deren Chef durch „modération trop empressée“ an Popularität verloren 
habe. Denn er sei ein „bomme de beaucoup de valeur, malheureuse- 
ment trop ignorant“. Die legitimistischen Blätter hätten keine Samm- 
lungen auszuschreiben gewagt, da sie voraussahen, daß sie sich dabei 
blamieren würden. Der „Figaro“ auch nicht, da er zu verachtet sei. Der 
„Gaulois“ habe 7000 Franken zusammengebracht als das Organ der 
Bonapartisten. 
Ich sprach dann von den Kriegsgerüchten. Thiers sagt, diese würden 
aus Parteirücksichten verbreitet. Das werde noch zunehmen. Denn man 
werde diese Gerüchte als Wahlmanöver verwerten. Wir sollten uns da- 
durch nicht irreführen lassen. 
Thiers meint, daß das unterrichtsgesetz 1) im nächsten Jahre wieder 
umgestoßen werden wird. Ich glaube dies nicht und sagte das auch 
Thiers. 
Paris, 11. Juli 1875. 
Bei einem Besuche, den ich gestern der Fürstin Trubetzkoy machte, 
traf ich Emile Girardin. Wir sprachen von dem Unterrichtsgesetz, und er 
meinte, dieses werde in Deutschland schlecht beurteilt werden und auf den 
Fürsten Bismarck einen für die guten Beziehungen zwischen Deutschland 
und Frankreich nachteiligen Einfluß üben. Ich erwiderte, ich wisse nicht, 
wie Fürst Bismarck über das Gesetz denke, was aber meine Meinung be- 
treffe, so könne ich das Gesetz nur insofern mit Freude begrüßen, als es 
zu einem „aftaiblissement moral“ Frankreichs führen werde, das uns nur 
willkommen sei. Girardin hörte aufmerksam zu, und ich vermute, er hat 
seinen heutigen Artikel in der „France“ dementsprechend modifiziert. Ich 
fand Spuren unfrer Konversation in dem Artikel. 
Heute hatte ich eine längere Unterredung mit Molins, der sehr erfreut 
ist, daß es in Spanien besser geht. Er ist stolz darauf, daß Spanien auch 
wie Italien sagen kann: „Fa da sè.“ Von Don Carlos sagte er, daß 
er eine „vie de polichinelle“ führe, seine Frau Donna Margherita sei 
sehr unglücklich. Er sei ein gemeiner Kerl. Der Vater des Don Carlos 
ist hier, „un fon“. 
12. Juli. 
Gestern Abend in dem Salon Thiers'. Orlow war da. Wir sprachen 
vom Alter. Ich sagte, ich sei sechsundfünfzig Jahre alt. Thiers meinte, 
das sei sehr zu beneiden. „C'est vingt-deux ans de différence et vous 
  
1) Das Gesetz betreffend die Freigebung des höheren Unterrichts wurde in 
den Tagen vom 8. bis 12. Juli durchberaten und mit einer Mehrheit von 50 Stimmen 
angenommen, ein klerikaler Erfolg.
	        
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