Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

168 Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 
pourriez me céder la moitié. 56 ans c'est la jeunesse.“" Ich fragte 
ihn dann nach der angeblichen österreichisch -türkischen Verwicklung. Er 
sagt, das sei lauter Schwindel von Börsenspekulanten. Wir sprachen 
dann von Klindworth, den Thiers als einen „vieux coquin“ bezeichnet, 
der schon dreimal aus Frankreich ausgewiesen sei und immer wieder sich 
einzuschleichen wisse. 
Paris, 29. Juli 1875. 
Mein Ausflug nach Trouville hat einige politische Notizen ein- 
getragen. Die Fürstin Trubetzkoy, unter deren unzusammenhängenden 
Mitteilungen ab und zu ein interessantes Wort aufzufinden ist, erzählte 
mir, daß die südslawischen Bevölkerungen von Serbien, Bosnien und der 
Herzegowing eine südslawische republikanische Konföderation anstreben und 
daß der Präsident dieser Konföderation seinen Sitz in Konstantinopel 
haben solle. Bischof Stroßmayer, von dem sie diese Notiz haben will, 
soll für den Gedanken der südslawischen Republik wirken. Sie meint 
ferner, der Krieg werde im nächsten Frühjahr ausbrechen, und es würden 
auf der einen Seite Rußland und Deutschland, auf der andern Seite 
Oesterreich, Frankreich und England stehen. Von Schuwalow in London 
erzählt sie, daß er mit Gortschakow schlecht stehe und sich dort durch un- 
passendes Benehmen unmöglich mache. Das stimmt mit Zeitungsnach- 
richten. Es ist nicht unmöglich, daß Gortschakow seinen Gegner auch 
von London weghaben will. Die Entrevue zwischen Thiers und Gortscha- 
kow in Bern habe keine Bedeutung. Es werde nur ein freundschaftlicher 
Meinungsaustausch sein. Sie will selbst auch nach Bern, um ihre beiden 
alten Freunde zu beobachten. 
Simon, den ich bei meiner Rückkehr sprach, sagt, was die aus- 
wärtige Politik betreffe, so arbeite alles darauf hin, Deutschland zu iso- 
lieren. In der inneren Politik sei Broglie allein maßgebend und diri- 
giere den Marschall. Blowitz behauptet, Frankreich erwarte den Krieg. 
Jedermann in Frankreich, wenigstens in den Regierungskreisen, sei über- 
zeugt, daß Deutschland auf die Dauer seine Rüstungen nicht ertragen 
könne. Man werde also gezwungen sein, entweder zu entwaffnen oder 
Krieg zu führen. Da man nun nicht entwaffne, so werde man Krieg 
führen. Sein heutiger „Times“-Artikel gibt dieser Beunruhigung Ausdruck. 
Paris, 1. August 1875. 
Bei dem gestrigen Diner erzählte mir die Fürstin Helene Kotschubey, 
die neben mir saß, daß Gortschakow ihr gesagt habe, Bismarck nenne ihn 
seinen Lehrer, worauf Gortschakow sehr stolz sei. Die Fürstin fragte mich 
dann, ob ich denn mit der Bismarckschen Politik ganz einverstanden sei. 
Ich fragte, sie meine wohl die Kirchenpolitik, was sie bejahte. Darauf
	        
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