Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Zweiter Band. (2)

Botschafter in Paris (1874 bis 1885) 171 
neben dem spanischen. Wenn die Sache jetzt nicht unterdrückt werde, so 
könne sie noch Jahre dauern. Am Ende meinte er, könne man wohl 
Oesterreich eine Vergrößerung durch Bosnien und die Herzegowina gönnen. 
Aber ob die andern dann bei der Türkei bleiben wollten, sei eine andre 
Frage. Wenn die Türkei ganz auseinander falle, so sei die große Frage, 
was man mit Konstantinopel machen solle. Man sollte den Papst dorthin 
schicken. „Il ne serait pas à plaindre.“ 
Varzin, 8. September 1875.1) 
Fahrt von Berlin nach Schlawe, von dort mit Extrapost nach Varzin. 
Ankunft zu Tisch. Ich fand Fürst Bismarck ziemlich wohl. Er beklagt 
sich aber über seine Gesundheit und ist weniger gesund als im vorigen 
Jahr. Der Ausfall der Kissinger Bäder schadet ihm. Wir sprachen 
darüber, was er noch tun müsse. Er scheut den Aufenthalt in Badeorten 
wegen des Zudrangs der Menschen. Nach Tisch längere Unterredung. 
Er erzählte von Reuß und dessen Heiratsprojekt. Dann kamen wir auf 
die Heiratsprojekte der Königin Isabella. Er schien den Gedanken der 
Konvertierung einer preußischen Prinzessin nicht für unmöglich zu halten. 
Ueber den Kirchenkonflikt sagte er, dieser sei eigentlich aus kleinen 
Anfängen entstanden. Das Ueberhandnehmen des polnischen Elements in 
den östlichen Provinzen und die Bildung einer katholischen politischen 
Partei habe ihn dazu getrieben. Ketteler habe er dies offen gesagt. Dieser 
habe darauf geschwiegen. 
Eine längere Auseinandersetzung veranlaßte die Frage der Kriegs— 
gerüchte in diesem Frühjahre. Auf Radowitz' Gespräche mit Gontaut und 
anderes legte er wenig Gewicht. Ich konnte das Thema nicht verfolgen. 
Sei es, daß er selbst die Tätigkeit von Radowitz als nicht ersprießlich 
ansieht, sei es, daß er ihn halten will, jedenfalls ging er auf verschiedene 
vorsichtige Einleitungen nicht näher ein, so daß ich den Gegenstand nicht 
weiter zu verfolgen wagte. Der Fürst schreibt alles der Kaiserin, der 
Königin von Holland und der Fürstin Léonille zu. Gontaut habe seine 
Nachrichten aus diesen Quellen geschöpft, und daher komme alles. Das 
scheint beim Fürsten vorgefaßte Meinung zu sein, und er will nicht, daß 
jemand anders die Schuld trage als eben die Kaiserin. Gegen England 
ist er noch sehr gereizt. Ebenso gegen Orlow, dem er schuld gibt, daß 
er dazu beigetragen habe, das russische Friedenswerk mit bengalischer Be- 
leuchtung in Paris geltend zu machen. Von Gontaut sagt er, daß dieser 
nie verlangt habe, ihn zu sprechen. Es komme ihm vor, als ob Gontaut 
  
1) Durch ein Schreiben vom 27. August hatte Graf Herbert Bismarck im Auf- 
trage seines Vaters den Fürsten zu einem Besuche in Varzin eingeladen.
	        
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